Grußwort von BLM-Präsident Siegfried Schneider zur Online-Veranstaltung „Wird Journalismus zur Mutprobe? Auswirkungen von Hass – im Netz und auf der Straße“ am 22.07.2021 um 14 Uhr (-15.30 Uhr)
Sehr geehrter Herr Justizminister, lieber Georg Eisenreich,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
als die heutige Veranstaltung und ihr provokanter Titel „Wird Journalismus zur Mutprobe?“ konzipiert wurde, konnten wir nicht ahnen, welch entsetzlich traurige Aktualität er erfahren würde: Vor einer Woche ist der niederländische Reporter Peter de Vries seinen Verletzungen erlegen. Der führende Kriminalreporter der Niederlande war Anfang Juli brutal auf offener Straße in Amsterdam niedergeschossen worden. Auch wenn die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind: Vieles deutet darauf hin, dass der Mord mit der Arbeit des Reporters in Verbindung steht…
Dieses fürchterliche Attentat, meine Damen und Herren, ist auch ein Anschlag auf die Pressefreiheit. Pressefreiheit ist kein Luxus. Pressefreiheit ist ein wichtiges Grundrecht in unserer Demokratie. Journalistinnen und Journalisten müssen ohne Schere im Kopf über alle relevanten Themen berichten können. Ohne Angst vor Anschlägen und Attentaten.
Hass und Hetze dürfen die Arbeit der Medien nicht einschränken. Hass und Hetze sind Gift für die demokratische Gesellschaft.
Aus diesen Gedanken heraus ist vor etwa zwei Jahren – in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Justizministerium – die Initiative „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass entstanden“. Um auf die Bedeutung des Themas hinzuweisen und die Entwicklungen bei der Initiative transparent zu machen, nehmen wir auch heuer den europaweiten Aktionstag für die Betroffenen von Hasskriminalität zum Anlass für eine Veranstaltung, zu der ich Sie im Namen der Bayerische Landeszentrale für neue Medien herzlich begrüße!
Unsere noch junge Initiative schlägt die Brücke zwischen Justiz und Medien. Die BLM nimmt damit nicht zuletzt ihre besondere Verantwortung gegenüber den privaten Radio- und TV-Sendern im Freistaat wahr. Aktuell unterstützen über 110 Medienunternehmen die Initiative durch Bereitstellung ihres Logos – neu hinzugekommen sind im vergangenen Jahr rtl2 und die Seven.One Entertainment Group.
Der nächste Schritt steht kurz bevor: Wir öffnen die Initiative auch für freie Journalistinnen und Journalisten. Nicht nur Medienhäuser, auch einzelne Betroffene brauchen ein wirksames Instrument, um sich und damit die Pressefreiheit zu verteidigen. So können bald auch freie Journalistinnen und Journalisten das Online-Meldeverfahren nutzen. Ein folgerichtiger Schritt: Denn je größer die Bandbreite der Teilnehmenden, desto stärker die präventive Wirkung des Projektes.
Zu den Fallzahlen und der mehr als erfreulichen Aufklärungsquote hat ja Herr Minister Eisenreich bereits berichtet. Ich darf dazu noch ergänzen: Die BLM hat im letzten Jahr fünf und im laufenden Jahr bisher drei Schulungen für interessierte Redakteurinnen und Redakteure der Medienunternehmen organisiert. Insgesamt stehen dem Justizministerium inzwischen über 100 Kontaktpersonen aus den Redaktionen zur Verfügung, die ihre Prüfbitten in die Cloud der Staatsanwaltschaft übermitteln.
Damit ist die Initiative ist einer von vielen wichtigen Bausteinen, um potenziellen Tätern und Täterinnen klarzumachen: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum!
Erfreulicherweise ist das Bewusstsein für diese Problematik in den letzten Jahren gestiegen. Uns ist es ein großes Anliegen, das Thema in Zukunft noch besser an die Öffentlichkeit zu bringen. Ich darf Sie deshalb auf den Flyer zur Initiative aufmerksam machen, den es seit Ende letzten Jahres gibt und den Sie über unsere Website kostenlos herunterladen können. Darin finden Sie alle wichtigen Schritte zum Ablauf des Meldeverfahrens zusammengefasst.
Machen Sie mit! Mit nur ein wenig Aufwand für jede und jeden Einzelnen können wir gemeinsam viel bewirken! Wir alle zusammen müssen unsere Werte im Netz verteidigen.
Wichtig ist es mir noch zu betonen: Es gibt kein einzelnes Patentrezept oder keine einzelne Initiative, die die große Herausforderung von Hass, Desinformation und Verschwörung im globalen Netz auf einen Schlag lösen wird. Helfen wird letztlich nur
ein bundesweites Netzwerk, ein Ineinandergreifen von Initiativen und Projekten,
ein konsequentes Anwenden von gesetzlichen Regelungen
und nicht zuletzt auch die Sensibilisierung für dieses wichtige Thema, also die gesellschaftliche Debatte – zum Beispiel in Form von Veranstaltungen wie dieser.
Meine Damen und Herren, zuletzt noch ein Wort in eigener Sache: Nachdem ich im Herbst in den Ruhestand gehe, ist es heute meine letzte Veranstaltung zur Initiative „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“. Es war mir eine Freude und eine Ehre, diese Initiative gemeinsam mit dem bayerischen Justizminister auf den Weg gebracht zu haben. Vielen Dank, lieber Georg Eisenreich, dass Du seinerzeit die Idee sofort aufgegriffen hast!
Ich freue mich sehr, dass Sie heute schon in der Abschlussdiskussion meinen Nachfolger kennenlernen: Herr Dr. Thorsten Schmiege wird die Initiative als neuer BLM-Präsident ab 1. Oktober seitens der Landeszentrale verantworten. Ich bin mir sicher: Er wird sie erfolgreich fortführen.
Schließlich gilt es in Zukunft mehr denn je, die Pressefreiheit mit allen Kräften zu schützen. Wir wollen und müssen jede einzelne Journalistin und jeden einzelnen Journalisten darin bestärken, weiter uneingeschränkt und angstfrei zu berichten. Das sind wir auch Peter de Vries schuldig.
Vielen Dank.