Novellierung BayMG
Im Oktober habe ich Sie zuletzt über unsere Stellungnahme zur Novellierung des Bayerischen Mediengesetzes (BayMG) informiert. Nun liegt der Regierungsentwurf vor, der sich aktuell im parlamentarischen Verfahren befindet.
Dazu einige Anmerkungen:
Sehr interessant ist: die Landeszentrale bekommt neue Aufgaben zur Sicherung der Informationsvielfalt dazu. So betont die Novelle, dass Nachrichten- und Informationsangebote einen besonderen gesamtgesellschaftlichen Stellenwert haben. Die BLM erhält ein erweitertes Instrumentarium, um einem potenziellen Abbau von Informationsvielfalt und regionaler Vielfalt entgegenzuwirken. Bemerkenswert: Diese erweiterten Eingriffsbefugnisse sollen sich auch auf bundesweite Sender erstrecken. Zudem veröffentlicht die BLM zukünftig Verflechtungen zwischen Rundfunkanbietern und Parteien bzw. Wählergruppen. Bei geplanten Änderungen der Beteiligungsverhältnisse prüft die BLM, ob sich das „Informationsgefüge“ in Bayern dadurch wesentlich ändert.
Erfreulich: Einige wichtige Anregungen aus unserer Stellungnahme, die wir im September zu dem Gesetzentwurf abgegeben haben, wurden aufgegriffen. Drei Themen, die für die Gremien von Relevanz sind, möchte ich herausgreifen:
- Bestimmungen zur Inkompatibilität, also der Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Ausübung öffentlicher Funktionen: Zwar wurde die von der BLM hinterfragte, sehr weitreichende Regelung der sogenannten „Interessenskollision“ nicht im Wortlaut geändert. Ihr wurde jedoch eine erläuternde Gesetzesbegründung zur Seite gestellt. Sie bestätigt: Ein Gremienausschluss stellt einen empfindlichen Eingriff dar. Deshalb muss ein [Zitat] „ausreichend gewichtiger Ausschlussgrund“ vorliegen. In die Betrachtung ist damit insbesondere einzubeziehen, dass der Medienrat sich eine Geschäftsordnung gegeben hat, die klar und deutlich Interessenskollisionen im Einzelfall ausschließt. Es bleibt also genügend Raum für branchennahe Gremienmitglieder mit geeigneter Sachkunde – ein wichtiges Qualitätsmerkmal unseres Medienrats!
- Zu begrüßen ist auch: Wir können künftig – natürlich nur in Ausnahmefällen – eine Medienratssitzung als Videokonferenz durchführen – eine Lehre aus den vergangenen zwei Jahren. Hierzu muss die Geschäftsordnung des Medienrats geändert werden. Ein Vorschlag für eine entsprechende Formulierung wird bereits im Haus für den kommenden Grundsatzausschuss vorbereitet.
- Keine Änderung hat es leider hinsichtlich der ausnahmslosen Wiederholungspflicht von betrautem Angebot gegeben. Hier hatte die BLM vorgeschlagen, im Einzelfall von der Wiederholungspflicht abzusehen zu können. Auch für live übertragenen Sendungen, wie beispielsweise Gottesdienste, sollte aus unserer Sicht eine Ausnahme möglich sein.
Medienkonzentrationsrecht
Wie Sie wissen, hat sich der neue Medienstaatsvertrag im ersten Aufschlag nicht an das Medienkonzentrationsrecht herangewagt. Die zeitgemäße Reform steht noch aus – das wurde auch in einer entsprechenden Protokollnotiz festgehalten. Nun tut sich etwas: Die Länder haben kürzlich einen Vorschlag zur Modernisierung gegenüber der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) kommuniziert. Die KEK – in der ich für das Thema verantwortlich bin – wird bis Mitte März eine Stellungnahme dazu abgeben.
Einig ist man sich einem Punkt: Das bisherige, fernsehzentrierte Medienkonzentrationsrecht läuft weitgehend ins Leere.
Was haben die Länder alternativ vorgeschlagen? Sie planen einen Paradigmenwechsel – von einer Ex-Ante-Betrachtung zu einer Ex-Post Missbrauchsaufsicht: Dieses Ex-Post-Modell soll es möglich machen, durch Marktbeobachtung flexibel auf Vielfaltseinschränkungen in den verschiedenen Mediensegmenten zu reagieren. Im Zentrum stehen dabei Gefährdungskontrollen.
Klingt gut, es gibt aber noch sehr viele Fragen und Unklarheiten…
Für mich ist Folgendes entscheidend:
- Wie wirkt sich das Modell auf bestehende Regeln zur Vielfaltssicherung, wie z.B. die Regionalfenster, aus?
- Bringt uns das neue Modell weiter oder führt der Paradigmenwechsel nur zu mehr Rechtsunsicherheit?
- Ist das Modell praktikabel und mit einem angemessenen KostenNutzen-Verhältnis umsetzbar?
Wir wollen den Prozess konstruktiv-kritisch begleiten. Der Befund, dass das fernsehzentrierte Konzentrationsrecht reformbedürftig ist, entspricht dabei der Haltung, wie sie die BLM schon seit Jahren vertritt.
Allerdings bleibt vieles bewusst unscharf oder wird der näheren Ausgestaltung durch die KEK übertragen. Die KEK ist aber keine Behörde, sondern eine reine Expertenkommission.
Unklar ist auch: Wird der von der BLM entwickelte und bestens etablierte Medienvielfaltsmonitor mit der daran anknüpfenden Mediengewichtungsstudie damit überflüssig? Oder muss er nicht sogar als gesetzlich zwingendes Instrument der Gefährdungsanalyse weiterentwickelt werden?
Diesen und weiteren, z.B. auch verfassungsrechtlichen Fragen, gehen wir nun in der KEK nach. Der Systemwechsel darf aber vor allem nicht von den eigentlichen und offensichtlichen Fragen und Gefahren für die Meinungsvielfalt ablenken:
Wieviel Macht haben Intermediäre wie Google, YouTube, Facebook & Co denn nun wirklich? Wie groß ist der Einfluss von Medienintermediären auf die Meinungsbildung? Wie weit wird dieser bereits genutzt? Und wie kann man dem entgegenwirken? Um sich diesen Fragen anzunähern, hat die BLM mit dem Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) ein einzigartiges Forschungsprojekt zur Meinungsmacht im Internet ins Leben gerufen. Es geht aktuell ins dritte und letzte Jahr. Möglicherweise werden wir das Projekt aufgrund des neuen Vorschlags zum Medienkonzentrationsrechts etwas nachjustieren.
Noch ein abschließender Gedanke: Eine zentrale Rolle spielen hier die Algorithmen, die bei den großen Intermediären darauf abzielen, die Nutzenden so lange wie möglich zu halten. Das gelingt am besten mit emotionalen und polarisierenden Inhalten.
Ich finde: Es ist höchste Zeit für einen vielfaltsfördernden Algorithmus, der nach ganz anderen Kriterien funktioniert! Das sind wir unserer vielfältigen Medienlandschaft schuldig.
ZAK-Entscheidung zu RT DE
Sie haben es bestimmt den Medien entnommen: Anfang Februar hat die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Medienanstalten entschieden, das russische Fernsehprogramm RT DE in Deutschland zu untersagen. Der Grund: Die erforderliche medienrechtliche Zulassung liegt nicht vor.
Die Untersagung bezieht sich auf die Verbreitung des Programms als „Rundfunk“, also via Live-Stream im Netz, über die TV-APP „RT News“ und über Satelliten. RT DE kann sich auf keine andere europarechtlich erteilte Erlaubnis (aus Serbien) berufen.
Die Inhalte selbst sind nicht verboten. RT DE kann sie auf Abruf, also nicht linear verbreiten.
Wie geht es nun weiter?
RT DE hat bereits vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen die zuständige Medienanstalt MABB eingereicht. Die Begründung: Die Sendezentrale liege nicht in Deutschland, sondern in Moskau. Daher sei die deutsche Medienaufsicht nicht zuständig. Diese Argumentation ist aus Sicht der ZAK jedoch völlig haltlos: Ihr liegen klare Belege vor, dass die RT DE Productions GmbH mit Sitz in Berlin RT DE in eigener inhaltlicher Verantwortung betreibt.
Natürlich steht es dem Sender frei, eine Zulassung in Deutschland zu beantragen. Aussicht auf Erfolg besteht allerdings nicht. Schließlich gilt in Deutschland für Rundfunk zu Recht das Gebot der Staatsferne – und die ist bei RT DE eindeutig nicht gegeben.
Somit gehe ich davon aus, dass die von der ZAK beschlossene Untersagung auch so durchgesetzt wird.
BVerfG Künast / Facebook
Das Bundesverfassungsgericht hat Anfang des Monats eine wegweisende Entscheidung zu Hass im Netz getroffen: Die Politikerin Renate Künast, die immer wieder auf Facebook bedroht und beleidigt wird, hatte vor dem BVerfG auf Herausausgabe der Daten der Urheber geklagt. Und sie bekam Recht: Mit Verweis auf die Persönlichkeitsrechte von Renate Künast hoben die höchsten Richterinnen und Richter gegenteilige Entscheidungen von Berliner Zivilgerichten auf.
Dieses Urteil ist eine gute Entscheidung. Und zwar für alle öffentlichen Personen und alle Medienschaffenden, die tagtäglich mit Hassbotschaften im Internet konfrontiert sind. Es ist ein wichtiger Etappensieg gegen Hass im Netz. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt: Auch bei öffentlichen Personen dürfen wir Hass und Hetze nicht durchgehen lassen. Wir müssen sie konsequent verfolgen – und das geht im Fall von Renate Künast eben nur, wenn Facebook die Daten von anonymen Hetzern freigeben muss.
Das Urteil ist zugleich eine Bestätigung für unsere Initiative „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“. Wie Sie wissen, schlagen wir bereits seit 2019 gemeinsam mit dem Bayerischen Justizministerium die Brücke zwischen Justiz und Medien. Die Initiative wurde 2021 ausgeweitet. Neue Partner, wie etwa freie Medienschaffende, wurden eingebunden. Über 310 Ermittlungsverfahren und mehr als 40 rechtskräftige Verurteilungen sind ein wichtiger Schritt gegen Hass im Netz.
Es ist erfreulich, mit welcher Klarheit jetzt das höchste Gericht bestätigt hat: Niemand darf sich bei Hass und persönlicher Hetze hinter Anonymität und vermeintlicher Meinungsfreiheit verstecken.
Ausschreibung BLM-Preise läuft noch bis 11. März
Hinweisen möchte ich Sie auf die aktuelle Ausschreibung für die BLM-Preise. Die Landeszentrale vergibt schon zum 35. Mal den BLM-Hörfunk-Preis für herausragende Leistungen in bayerischen Lokalradios. Der BLM-Lokalfernseh-Preis wird 2022 zum 31. Mal verliehen.
Alle eingereichten Beiträge müssen zwischen 25. Januar 2021 und 28. Januar 2022 bei einem in Bayern genehmigten privaten lokalen Hörfunk- oder Fernsehprogramm als Erstausstrahlung gesendet worden sein. Beiträge können noch bis Freitag, 11. März 2022, eingereicht werden.
Die Ausschreibungs- und Anmeldeformulare sind über www.blm.de abrufbar.
Wir blicken positiv in die Zukunft und gehen davon aus, die Preise im Rahmen der Lokalrundfunktage 2022 (geplant 5./6. Juli) feierlich übergeben zu können. Ich freue mich schon darauf!
Rückblick SID / MiniMedia
Vergangene Woche war ja der Safer Internet Day. Auch die BLM hat den weltweiten Aktionstag für ein sicheres Internet genutzt, um das wichtige Ziel für mehr Online-Sicherheit in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen: So habe ich anlässlich neuer Online-Elternabende des Referentennetzwerks unserer Stiftung Medienpädagogik Bayern einige Interviews zum Thema Umgang mit Fake News gegeben. Die Beiträge wurden von Sat.1 Bayern, von bayerischen Lokalradios und dem Deutschlandfunk gesendet.
Im Rahmen des Aktionstags kamen auch die neuen Elternabende „Fake News – Moderne Lügen und Desinformation“ zum Einsatz. Mit den neuen Veranstaltungen haben wir ein passgenaues Angebot für Eltern geschaffen: Es sensibilisiert für den Umgang mit Fake News und zeigt, wie das Thema mit Kindern altersgerecht aufgegriffen werden kann.
Zudem haben wir zum Safer Internet Day erstmals Materialien des Medienführerscheins Bayern für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf veröffentlicht. Die Materialien sind erst seit kurzem verfügbar und es gibt schon viele Bestellungen!
Brandneu ist MiniMedia. Es ist ein Magazin für Kinder, das spielerisch Medienthemen aufgreift und kindgerecht in Form von Rätseln, Comics und Actionaufgaben aufbereitet. So vermittelt es Wissen über Medien und regt Familien zum einem reflektierten Austausch über Medienthemen an. Entstanden ist eine sehr gelungene Weiterentwicklung der DeinFLIMMO-Kinderbeilage der BLM. Überzeugen Sie sich selbst davon und nehmen Sie sich gerne ein Exemplar mit! Wir haben MiniMedia hinten im Saal ausgelegt. Die erste Ausgabe beschäftigt sich mit den Themen Film, Fernsehen und YouTube.