Grußwort von BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege zum Social TV Summit „Too much information?“ am 29.06.2022
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
herzlich willkommen zu unserem 11. Social TV Summit. Wir werden Sie heute mit vielen Informationen versorgen
Und sind damit gleich mittendrin im diesjährigen Thema. „Too much information? Verloren in der Flut der Kriegs- und Krisenberichterstattung?“
Der Titel sagt es schon: Wir wollen, wir müssen über die Auswirkungen der Informationsflut reden.
Sie ist gerade in Krisenzeiten besonders gewaltig. Erst die Klimakrise, dann die Pandemie, und jetzt der Ukraine-Krieg.
Das Nachrichtenbedürfnis der Menschen ist hoch. Das Internet ermöglicht ein Informationsparadies. Eine Teilhabe, die vor allem soziale Medien ermöglichen.
Die Grenzen zwischen Sender und Empfänger verschwimmen.
Unmittelbare demokratische Teilhabe ist greifbar.
Alles gut?
Wohl kaum!
- Die aktuelle Use-the-news Grundsatzstudie hat ergeben: Mediensozialisierung und Medienkonsum von Jugendlichen zwischen 14 und 24 Jahren verändert sich grundsätzlich.
So grundsätzlich, dass man nicht darauf vertrauen kann, dass die Generation Z sich in Zukunft wieder den klassischen Medien zuwenden wird.
- Gleichzeitig sehen wir: Das Vertrauen in klassische Medien und ganz besonders auch in die Glaubwürdigkeit von Informationen in sozialen Netzwerken befindet sich auf einem Tiefstand.
Stattdessen steigt das teilweise blinde Vertrauen in Influencer, die dieser Verantwortung nicht immer gerecht werden.
- Und gerade aktuell werden wir rund um die Uhr mit Nachrichten sprichwörtlich bombadiert:
- Sondersendungen in Radio und Fernsehen
- Kurzfristige Wasserstandsmeldungen mit Videos auf YouTube oder Posts zur Kriegslage, Bilder von Flüchtenden.
- Das führt gerade bei denen 14 bis 24-Jährigen zu einer gefährlichen Nachrichtenmüdigkeit, wie der aktuelle Digitalreport des Reuters Institute feststellt.
Aber auch die über 24-Jährigen fühlen sich zunehmend überfordert.
Viele sind in negativen Nachrichten im Netz gefangen.
Ganz wichtig: Was macht das mit uns und wie können wir gegensteuern?
Wir kennen das Zitat:
„We all are overnewsed but underinformed.“
Fast 100 Jahre nach Erscheinen von „Brave new world“ scheint Aldous Huxleys Utopie nun Realität geworden zu sein.
Hinzu kommt das große Thema fake news, das damit beginnt,
- dass Meinungen als Fakten dargestellt werden.
- oder Tatsachen in falschen Kontext gerückt werden.
- Und damit endet, dass einfach alternative Fakten oder neue Wahrheiten geschaffen werden.
Um es klar zu sagen:
Das Phänomen der Desinformation ist nicht neu.
Und es ist auch nicht nur ein Problem von social media.
Neu ist aber die Kombination zwischen Technologie und Psychologie: In der digitalen Welt kann die Meinungsbildung noch wirkungsvoller z.B. durch social bots gesteuert werden.
Nie war der Weg zur Verbreitung von Falschinformationen und politischer Propaganda so leicht wie heute.
Aber warum verbreiten sich Fake News und Verschwörungstheorien so rasant schnell über Messenger-Dienste wie Telegram und soziale Netzwerke wie TikTok oder Instagram?
- Weil in den Blasen von social media die öffentliche Kontrolle fehlt?
- Weil die Quellentransparenz fehlt?
- Oder weil häufig – bei jung und alt - die Medienkompetenz fehlt, die Quellen zu überprüfen?
Wahrscheinlich stimmt alles.
Denn nur wer Falschinformationen erkennt, kann damit umgehen.
Dazu braucht es Transparenz und Medienkompetenz.
Hier setzen wir als Medienanstalten zunächst mit der Transparenzregulierung an.
Wichtiger als die Regulierung sind für mich die zahlreichen Angebote der Medienanstalten im Bereich der Medienkompetenz.
Ich bin davon überzeugt:
Nutzerinnen und Nutzer müssen ein Bewusstsein haben,
- wo eine Information herkommt.
- ob man es mit Bots oder Fake-Accounts zu tun hat.
- oder welche Interessen mit der Nachricht verfolgt werden.
Nur mit Transparenz und dem kompetenten Umgang mit Informationen kann es gelingen, die Glaubwürdigkeit einer täuschend echten Story infrage zu stellen.
Dies ist der effektivste Beitrag im Kampf gegen politische Manipulation und Propaganda!
Nun freue ich mich auf die hochkarätigen Referentinnen und Referenten.
Vor allem bin ich natürlich gespannt, wie unsere Abschlussrunde diese von mir beschriebenen Herausforderungen sieht.
Ich wünsche Ihnen nun viele - ich hoffe nicht zu viele - Informationen - zur Frage „Too much information?“.