Grußwort von BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege zur Eröffnung der Lokalrundfunktage am 25.06.2024
- Es gilt das gesprochene Wort! -
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter
des Bayerischen Landtags und des Medienrats,
liebe Gäste der Lokalrundfunktage,
vor wenigen Wochen hat das Hochwasser
in Bayern und Baden-Württemberg es wieder einmal
mehr als deutlich gemacht:
Lokales Radio und lokales Fernsehen sind als
Qualitätsmedien für die Menschen einfach unersetzlich.
Die Zugriffe auf die Online-Angebote der Sender sind
in dieser Zeit teilweise um den Faktor drei und mehr gestiegen.
Das zeigt: Lokalrundfunk wird gerade in Krisen
als vertrauensvolle Informationsquelle genutzt.
Und: Ein aktuelles, eigenständiges Online-Angebot ist
zunehmend wichtig für die Nutzerinnen und Nutzer –
und das nicht nur als Verlängerung des Rundfunkangebots.
Aber was zeichnet lokalen Rundfunk
als vertrauenswürdige Informationsquelle aus?
Er sollte die Stimme der Bürgerinnen und Bürger sein und ihnen
buchstäblich Gehör verschaffen.
Hier kommen ihre Themen nicht nur zur Sprache.
Hier wird auch ihre Sprache gesprochen.
Verständlich. Auf Augenhöhe. Ohne Belehrung.
Kurz: Lokalfunk spielt eine unverzichtbare Rolle
für eine vielfältige und ausgewogene Meinungsbildung.
Auch weil er auch mal Brücken baut. Spaltung entgegenwirkt.
Und weil er Menschen zusammenbringt.
Und damit ganz herzlich willkommen Ihnen allen
auf den 32. Lokalrundfunktagen in Nürnberg!
Herzlich willkommen zu ganz besonderen Lokalrundfunktagen.
Denn 2024 feiern wir 40 Jahre privaten Rundfunk.
Und nicht nur das: Wir feiern auch 75 Jahre Grundgesetz
und damit 75 Jahre Rundfunkfreiheit.
Aber in welcher Verfassung ist die Verfassung?
Und welche Rolle spielt hier Lokalfunk?
Dazu ein paar Gedanken für die Diskussionen
in den nächsten zwei Tagen.
Wir brauchen Mut.
Mut, unsere Demokratie zu verteidigen, für unseren demokratischen Werte zu werben.
Es ist verrückt, aber die Ergebnisse der Europa-Wahl
haben es gerade mal wieder gezeigt:
Die Demokratie-Skepsis in Europa nimmt zu,
die radikalen, unversöhnlichen Töne werden lauter.
Es profitieren die Kräfte, die weniger an Lösungen
als an Spaltung und Verunsicherung interessiert sind.
Und die sitzen nicht unbedingt nur in der EU…
Aber welche Rolle spielen die Medien, wenn die Demokratie
(und damit auch die Rundfunkfreiheit) bedroht ist?
Ist mehr Haltung die Lösung oder gilt der Grundsatz,
wie es vor kurzem Bundeskanzler Scholz formulierte:
„Mehr Inhalte als Kampagne, mehr Information als Haltung“?
Dazu zunächst ein Befund:
Studien belegen: Wo lokale Medien fehlen,
verstärken sich radikale Tendenzen.
Das zeigt nicht zuletzt der Blick in die USA...
Umgekehrt gilt: Da wo lokale Identität ausgeprägt ist und
mit einem qualitätsvollen Angebot zusammenkommt,
haben es einschlägige Social-Media-Kanäle oder Filterblasen
im Netz schwer.
Wer weiß, was warum beispielsweise die Kita verschwindet und
dafür eine Mülldeponie gebaut wird (oder umgekehrt),
glaubt seltener einfachen Antworten.
Deshalb sind lokale Inhalte
das Herzstück unserer Gesellschaft.
Und sie spielen eine herausragende Rolle
♦ bei der Förderung von bürgerschaftlichem Engagement und
♦ dem Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.
Nicht ohne Grund wurden und werden auch soziale Aktionen
auf den Lokalrundfunktagen ausgezeichnet.
Kurz: Lokale Inhalte sind nicht nur
das Herzstück unserer Gesellschaft.
Sie sind das Herzstück unserer Demokratie.
Das bedeutet aber auch:
Wir brauchen Mut zu Investitionen in die Zukunft.
Lokale Inhalte müssen sich immer weiter entwickeln.
Das heißt für mich:
♦ Noch mehr Meinungsvielfalt.
♦ Noch mehr lokale Information.
♦ Noch mehr Ausgewogenheit in der Berichterstattung.
Ziel muss es sein, alle zu erreichen und mitzunehmen.
Das geht aber nur mit qualifizierten Personal.
Ich bin davon überzeugt: In den Medien zu arbeiten,
ist einer der spannendsten und erfüllendsten Berufe –
gerade in der aktuellen Zeit.
Das darf aber nicht von vornherein eingepreist werden.
Im Gegenteil: Wir müssen in junge Talente investieren.
Aus- aber auch Weiterbildung gehören zur DNA des Qualitätsjournalismus.
Hier wollen wir bei der Medienausbildung alle Akteure in Bayern
zusammenbringen und den Kampf um die besten Talente
gemeinsam führen und nicht gegeneinander.
Das Commitment der Intendantin des Bayerischen Rundfunks,
sich an unserer Idee eines gemeinsamen Ausbildungs-Campus
zu beteiligen, ist ein wichtiges Signal.
Dem müssen nun auch Taten folgen.
Hier, wie auch in anderen Bereichen gilt es,
Synergien zu nutzen.
Wir brauchen mehr Mut zu Kooperation.
Es ist meine tiefe Überzeugung:
In der digitalen, von globalen Playern beherrschten Medienwelt
müssen wir altes Konkurrenzdenken hinter uns lassen.
Gemeinsam eine große Kooperationsoffensive starten.
♦ Von A. wie Ausbildung
♦ über Plattformkooperation
♦ bis hin zu Zusammenarbeit bei Innovationen.
Nur so können wir Medien und
das Lokale in der digitalen Welt stärken.
- Mit Blick auf die technische Verbreitung.
- Mit Blick auf gemeinsame Plattformen und Archive.
- Mit Blick auf Innovationen.
⇒ Aber nicht mit Blick auf Inhalte und programmliche Vielfalt.
Dafür braucht es Mut zu Veränderung.
Denn auch wenn der bayerische Lokalfunk nach wie vor auf
stabilen Beinen steht sind gute Zahlen keine Selbstläufer.
Denn die Konkurrenz in der digitalen Medienwelt ist groß und
das Marktumfeld nicht gerade einfach.
Ohne Innovationswillen und die Bereitschaft, neu zu denken,
geht es nicht.
Mehr als deutlich wird das beim Thema Künstliche Intelligenz.
Sie ist im vergangenen Jahr in den Redaktionen eingezogen.
Und hat sich bereits vom faszinierenden Spielzeug
zum nützlichen Tool entwickelt.
Um Redaktion und Produktion effizienter zu machen.
Das Hör- und Seherlebnis zu verbessern.
Oder die Werbe- und Nutzeranalyse zu optimieren.
Best Cases dafür werden wir auf den Lokalrundfunktagen
viele zu hören und zu sehen bekommen.
Bei aller Euphorie rund um KI dürfen wir aber eines
nie vergessen:
Menschen, also Sie alle hier im Raum, geben dem Lokalfunk das Herz.
Und nur, wer sein Publikum ins Herz trifft, wird es halten.
Das war das Erfolgsrezept der privaten Sender vor 40 Jahren.
Und das wird auch ihr USP bleiben.
Diesen USP müssen wir in den nächsten 40 Jahren schützen und verteidigen.
Damit die lokalen Sender das Herzstück unserer Demokratie bleiben.
Ich freue mich auf ganz besondere Lokalrundfunktage 2024
in diesem Geburtstagsjahr des privaten Rundfunks.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön
an all unsere Kooperationspartner und Sponsoren!
Und natürlich auch an die Stadt Nürnberg,
für die Möglichkeit auch heute Abend wieder
im Alten Rathaus zu feiern.
Sie alle machen die Lokalrundfunktage zu dem, was sie sind!