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- 2012
Begrüßung durch BLM-Präsident Siegfried Schneider bei den Lokalrundfunktagen am 10. Juli 2012 in Nürnberg
- Es gilt das gesprochene Wort! -
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich, Sie alle hier wieder so zahlreich zu den 20. Lokalrundfunktagen in Nürnberg begrüßen zu dürfen. 20 Jahre Lokalrundfunktage und 25 Jahre BLM-Hörfunkpreis: In dieser Zeit ist viel geschaffen worden, auf das alle stolz sein können. Aber niemand kann sich zurücklehnen oder sogar ausruhen. Vielmehr kommt es jetzt darauf an, den lokalen Rundfunk fit für die Zukunft zu machen, so dass er auch in der neuen, digital geprägten Medienwelt seinen Platz findet.
Für die Hörer und Zuschauer bedeuten die lokalen Sender ein Stück Heimat in einem sich immer schneller verändernden Lebensumfeld. Die Bürger möchten erfahren, was vor ihrer Haustür passiert, und wie sich bundesweite und landesweite Themen auf der lokalen Ebene auswirken. Deshalb sind lokale Inhalte ein notwendiger Beitrag zur Meinungsbildung und ein wichtiger Teil des Lebensumfeldes vieler Menschen, das von Digitalisierung und Globalisierung geprägt ist. Wie hat sich unsere bayerische Heimat vor diesem Hintergrund verändert und ist dennoch Heimat geblieben? Diese Frage steht auch im Mittelpunkt der Initiative zeit.raum@bayern, mit der das Bayerische Kultusministerium Schulprojekte ermöglichen will, in denen es um die Suche nach der regionalen Identität geht. Solche Projekte bieten sich, was die BLM sehr begrüßt, für eine mediale Begleitung durch die lokalen Sender vor Ort an.
Regionale Identität zu vermitteln, bedeutet - neben vielen anderen Aspekten - authentisch zu sein. „Unterwegs in der Heimat - Gesichter und Geschichten in der Region“, heißt der Titel eines Workshops, der heute Mittag beginnt. Er wird verdeutlichen, wie eine authentische Ansprache gelingen kann: nämlich über die emotionale Ebene. Genau diese Dimension macht die Bedeutung des Lokalen in der digitalen Welt aus. Lokalsender werden von und für Menschen gestaltet und können so eine wichtige Anker- und Brückenfunktion übernehmen.
Und dass sie auf einem guten Weg sind, zeigen die aktuellen Ergebnisse der Funkanalyse Bayern. Die Lokalen haben ihre ohnehin schon hohe Akzeptanz weiter steigern können. Um nicht zu viel vorwegzunehmen, will ich für den Hörfunk nur zwei Trends nennen: Mit einer Reichweite von 29,3 Prozent liegen die bayerischen Lokalradios anders als im Vorjahr noch vor Bayern 1. Gemessen an der Hördauer erzielten die Privatradios insgesamt einen Marktanteil von 46,3 Prozent (Vorjahr 41,7 Prozent) und liegen damit wieder vor den Programmen des Bayerischen Rundfunks mit 45,3 Prozent.
Auch die Digitalisierung des Hörfunks ist weiter gestiegen. 7,7 Prozent der bayerischen Bevölkerung – 817.000 Personen ab 10 Jahren – verfügen inzwischen über einen DAB-Empfang. Da ist noch Luft nach oben, was die Marktdurchdringung betrifft. Das wissen wir. Aber wir glauben an den Markterfolg von Digitalradio. Die BLM hat die Digitalradio-Entwicklung mit angestoßen, kontinuierlich unterstützt und die Migration auf den DAB+-Standard vorangetrieben. Neben der digitalen Simulcast-Ausstrahlung bietet dies auch die Chance für mehr originäre Programmvielfalt im terrestrischen Hörfunk. In den Ballungsräumen München und Nürnberg können heute z.B. bereits über 40 Radioprogramme empfangen werden.
Damit sind wir mitten drin im Kernthema der diesjährigen Lokalrundfunktage: „Die Zukunft des lokalen Rundfunks in der neuen Medienwelt.“ Um im Wettbewerb mit alternativen Audioangeboten und anderen lokalen Informationsmedien bestehen zu können, muss der lokale Hörfunk seine Professionalisierung weiter vorantreiben.
Radio und Internet zu verbinden, bedeutet mehr, als das Programm zu streamen und ein Facebook-Profil anzulegen. Die Inhalte müssen multimedial aufbereitet und entsprechend verschlagwortet werden, so dass sie in Suchmaschinen erfolgreich sind. Nonlineare Verfügbarkeit und Visualisierung der Inhalte sind in der digitalen, online geprägten Medienwelt eine Voraussetzung für alle lokalen Informationsmedien. Außerdem muss das Wachstum der mobilen Mediennutzung durch das Angebot entsprechender Apps begleitet und genutzt werden. Mit Unterstützung der BLM können z.B. bereits 45 bayerische Lokalradios über eine Applikation auf dem iPhone oder iPad gehört werden.
Nicht nur das Radio, auch das Lokalfernsehen muss sich zukunftsfähig positionieren. Die Grundlage dafür hat das bayerische Kabinett mit seinem Beschluss über das neue Finan-zierungskonzept zur Sicherung des lokalen und regionalen Fernsehens in Bayern bereits geschaffen. Das Ziel ist : mit staatlicher Förderung die Satellitenverbreitung auszubauen, damit alle Menschen in Bayern erreicht werden können.
Ebenso sollen die Lokalsender die neuesten technischen Entwicklungen wie den Einstieg in Hybrid-TV nutzen können. Der Ausbau der Satellitenverbreitung von vier auf sechs Kanäle hat zum Digitalumstieg am 1. Mai 2012 begonnen und den Zuschauern mit Franken Fernsehen und a.tv zwei neue 24-Stunden-Kanäle beschert. Bis Anfang 2013 sollen für die 16 bayerischen Lokal-TV-Programme dann insgesamt zehn Kanäle zur Verfügung stehen, wenn der Bayerische Landtag seine Zustimmung zu diesem Konzept gibt. Die Rückmeldungen sind positiv, so dass wir sehr optimistisch sein können.
Neben einer kosteneffizienten und modernen Verbreitungstechnik ist es für die Lokalsender aber genauso wichtig, in der Programmvielfalt der digitalen Welt gut auffindbar zu sein. Dazu wird ein Hbb TV-Portal mit Red Button-Funktion für alle Lokalfernsehprogramme geschaffen, die via Satellit oder Internetstreaming verbreitet werden. Das Startportal soll dann auf möglichst vielen Digitalempfängern auf Kanalplatz 99 fest einprogrammiert sein. Die BLM wird dieses Portal aber nicht nur auf Bayern beschränken, sondern es für alle deutschen Lokal-TV-Sender öffnen.
Genaueres zur technischen und redaktionellen Umsetzung werden Sie hier in Nürnberg und in weiteren Workshops erfahren.
Ich bin überzeugt, dass mit diesen Maßnahmen die besten Voraussetzungen für die Sicherung und Zukunftsfähigkeit des bayerischen Lokalfernsehens geschaffen werden. Bei den nun anstehenden Änderungen des BayMG ist es auch wichtig, dass die Sender mehr Spielraum bekommen, neue betraute Formate zu entwickeln, um ein attraktives Programm zu gestalten.
Doch die Herausforderungen für den lokalen Rundfunk sind damit allein nicht zu bewältigen. Wenn die Qualitätsstandards gehalten werden und der Anpassungsprozess an die digitale Welt gelingen soll, sind neben Kreativität vor allem begleitende Forschungs- sowie Aus- und Fortbildungsmaßnahmen wichtiger denn je.
Fördermittel sind wichtig, ersetzen aber nicht die Förderung von Kreativität, Mut, Innovationsgeist und personellem Know-how. Ich sehe vor allem drei Aufgaben als besondere Schwerpunkte der BLM, damit die lokale Rundfunklandschaft in Bayern auch künftig im Wettbewerb bestehen kann.
1. Ohne vorausschauende und begleitende Forschungsmaßnahmen in Bezug auf Reichweite und Qualität können die Anbieter weder technische noch wirtschaftliche oder programmliche Herausforderungen bewältigen. Denn Professionalisierung der Medienwelt bedeutet auch, dass immer mehr Handlungsschritte durch Forschung abgesichert werden. Sie gibt zum einen Auskunft über künftige Nutzungsverhalten, Reichweiten sowie wirtschaftliche Eckdaten. Zum anderen werden Informationen über die qualitative Akzeptanz bereitgestellt, was wiederum Orientierungspunkte für das Feintuning der Programme liefert. Die Funkanalyse bestätigt eindrucksvoll die Bedeutung guter Begleitforschung.
2. Ohne Aus- und Fortbildungsmaßnahmen ist es den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Lokalsender nur schwer möglich, Qualitätsstandards zu halten und neue Erkenntnisse aus Forschung und Technologie in die Praxis umzusetzen. Wie wichtig in diesem Zusammenhang unsere drei Aus- und Fortbildungskanäle für Hörfunk und Fernsehen sind, hat jüngst die Verleihung des Grimme-Preises an die afk-tv-Produktion „Walulis sieht fern“ gezeigt, die nun vom SWR aufgekauft wurde. Da ist mit viel Engagement, aber ohne ein üppiges Budget ein innovatives, professionell gestaltetes Fernsehformat entstanden.
Staatsminister Thomas Kreuzer hat den Grimme-Preis für afk-tv mit folgenden Worten kommentiert: „Diese Auszeichnung steht auch für das hohe und qualitätsvolle Niveau der Ausbildung am Medienstandort Bayern. Dieser Bereich ist ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Zukunft der Medien in Bayern.“ Dem ist, denke ich, nichts hinzuzufügen.
Ausbildungskanäle oder die BLM-Workshops gehören zum Förderauftrag der BLM ebenso wie auch die vielen Fachveranstaltungen, auf denen die Branche neue Entwicklungen diskutiert und Anregungen für die Praxis bekommt. Dies erleben Sie jedes Jahr auf den Lokalrundfunktagen, die mit Themen wie New Radio, Smart-TV oder auch Social Media für lokale Medien immer „up to date“ sind. Ich danke allen Sendern sehr herzlich für ihr Engagement in Sachen Ausbildung.
Jährlich 115 Volontäre und Auszubildende in den Radiostationen, die ihren Sitz in Bayern haben, und 100 im landesweiten und lokalen Fernsehen ist eine großartige Leistung für die jungen Menschen und die gesamte Medienbranche. Wir wissen, dass auch große private und öffentliche Sender auf den Nachwuchs aus dem afk und den lokalen Sendern zurückgreifen.
3. Die Digitalisierung bedeutet aber nicht nur für Regulierer, Anbieter oder den Medien-nachwuchs eine Herausforderung. Ohne die Vermittlung von Medienkompetenz lassen wir die Mediennutzer im Regen stehen und vergeben dabei die Chance, bei jungen Menschen durch praktische Medienkompetenzprojekte die Lust auf Radio- und Fernsehengagement zu wecken. Zur Zeit sind Gefahren wie Cybermobbing oder Onlinesucht mehr in aller Munde als die Chancen einer versierten Mediennutzung. Die BLM versucht, mit verschiedenen Projekten beide Aspekte abzudecken. Letztlich profitiert von den positiven Wirkungen medienpädagogischer Aktivitäten wie dem Flimmo, Schulradio Bayern oder „In eigener Regie“ die gesamte Gesellschaft.
An dieser Stelle darf ich mich bei den lokalen Hörfunk- und Fernsehstationen dafür bedanken, dass sie den Medienführerschein Bayern unterstützen, den ich noch als Medienminister initiiert habe. Sie strahlen dazu einen Informationsspot aus und haben sich auch bereit erklärt, Schulklassen einen Studiobesuch zu ermöglichen.
Ich bin überzeugt, dass diese drei Aufgaben alles andere als nachrangig für die Zukunftsfähigkeit unserer Sender sind.
Unsere Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Ausgelöst worden ist dieser Veränderungsprozess auch durch den Wandel der Medienlandschaft. Das Internet ist zunehmend zur Plattform für Lebensfragen, Informationen und Unterhaltung aller Art sowie für die Transaktion von Waren und Dienstleistungen geworden. Es eröffnet neue Kommunikationsräume und ermöglicht Partizipation und Vernetzung. War mit dem Begriff neue Medien im Namen der BLM 1985 allein der private Rundfunk gemeint, steht heute das Netz mit all seinen Ausprägungen als Synonym für die neuen Medien. Das ist für uns genauso wie für Sie, meine Damen und Herren, eine Herausforderung, die wir annehmen müssen. Wir sehen die BLM in dieser digitalen Welt deshalb als Medienkompetenzzentrum für Anbieter und Bürger. Auf uns kommen eher mehr als weniger Aufgaben zu, wenn wir die Zukunftsfähigkeit des lokalen Hörfunks und Fernsehens in Bayern stärken und sichern wollen. Wir bleiben bei diesem Prozess ein verlässlicher Partner.
Und damit sind wir wieder beim Kernthema der diesjährigen Lokalrundfunktage: der Evolution von Radio und Fernsehen und der Bedeutung des Lokalen in der neuen Medienwelt. Die aktuellen Entwicklungen in der Branche als Fragestellung zu integrieren, ist das Verdienst der Lokalrundfunktage, wie es uns Teilnehmer immer wieder bestätigen.
Lassen Sie mich deshalb abschließend die Aussage einer Lokalradiomacherin aus Nordrhein-Westfalen zitieren, die bei einer Umfrage zum 20-jährigen Jubiläum der Lokalrundfunktage folgenden Grund für ihre regelmäßigen Besuche in Nürnberg nennt: „Weil ich seit 20 Jahren aus Nürnberg immer mindestens eine großartige Idee und ganz viele Denkanstöße mitnehme.“ Ich bin überzeugt, dass es auch heuer wieder so sein wird.
Ich danke Ihnen, dass Sie wieder nach Nürnberg gekommen sind und freue mich mit Ihnen auf viele Anregungen und gute Gespräche, natürlich auch auf den heutigen Abend auf der Kaiserburg! Die 20. Lokalrundfunktage sind hiermit eröffnet.