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Positionen & Reden

Laudatio von BLM-Präsident Siegfried Schneider für den Vorsitzenden des Medienrats, Dr. Erich Jooß und den stellvertretenden Vorsitzenden des Medienrats, Dr. Fritz Kempter am 27. April 2017

27.04.2017 | P&R 2017
Sehr geehrter Herr Dr. Jooß,
sehr geehrter Herr Dr. Kempter,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
wir verabschieden heute am Ende der 7. Amtsperiode des Medienrats der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien eine Reihe von Medienräten, darunter auch den langjährigen Vorsitzenden des Medienrats, Dr. Erich Jooß und den stv. Vorsitzenden, Dr. Fritz Kempter. Es gibt aus meiner Sicht keinen passenderen Anlass, deren hervorragende Arbeit in den zurück­liegenden Jahren für die BLM, die Medienlandschaft in Bayern und Deutschland und letztlich für die Gesellschaft zu würdigen.
 
„Der Medienrat wahrt die Interessen der Allgemeinheit, sorgt für Ausgewogenheit und Meinungsvielfalt und überwacht die Einhaltung der Programmgrundsätze“. So werden die Aufgaben des Medienrats in Art. 12 Abs. 2 des Bayerischen Mediengesetzes zusammen­fassend beschrieben. So allgemein diese Beschreibung auch ist, sie umreißt letztlich sehr präzise die Aufgaben und die Bedeutung des Medienrats. Wo könnten die Interessen der Allgemeinheit und die Meinungsvielfalt besser aufgehoben sein als in einem vielfältigen Gremium. Alle wichtigen gesellschaftlichen Kräfte unseres Landes entsenden ihre Vertreter in den Medienrat. Diese Vertreter sind allein ihrem Gewissen verpflichtet und in ihrer Gremienarbeit nicht an Weisungen gebunden. Die Medienräte kommen auch aus allen Regionen Bayerns, deren kulturelle Vielfalt erst die Unverwechselbarkeit und Attraktivität unseres Landes ausmacht. In den mehr als 30 Jahren seines Bestehens hat der Medienrat leidenschaftliche Diskussionen erlebt, vor allem wenn es um Fragen der Medienpolitik und der Programmqualität ging. Das Besondere dieses Medienrats war und ist es, dass er sich trotz aller notwendigen Auseinandersetzungen immer auch als ergebnis- und konsensorientiert erwiesen hat. Auch wenn die Medienräte in der Regel keine ausgewiesenen Medienexperten sind, sehe ich dies durchaus als Vorteil und in Bezug auf ihre Arbeit als Stärke, weil ihr Blick auf die Welt nicht an den Grenzen der Medien endet. Der Medienrat muss zwar einerseits das vorgegebene Medienrecht umsetzen, noch wichtiger ist jedoch seine Funktion als medienkritisches Gewissen. Dazu befähigt ihn seine plurale Zusammensetzung in besonderer Art.

Gerade wenn es um problematische Programmformate gegangen ist, hat der Medienrat unter der Führung von Dr. Jooß und Dr. Kempter diese Funktion als medienkritisches Gewissen auf beeindruckende Weise wahrgenommen. In diesen Diskussionen ging es auch um das Selbstverständnis des Medienrats und der Medienräte. Der Medienrat hat sich dabei gerade nicht darauf beschränkt, die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu überwachen, sondern hat Verantwortung für die Gesellschaft wahrgenommen, die weit hinausgeht über die reinen Fragen der Regulierung und konkreter Sanktionen.
„Tabubrüche im Fernsehen“, so hat es Dr. Jooß einmal formuliert, „führen nicht automatisch zu einem Werteverfall in der Gesellschaft. Sie können auch Türen öffnen, an ihnen kann sich sogar ein neues Wertebewusstsein schärfen. Erst Tabubrüche lassen uns immer wieder bewusst werden, dass wir als freie Menschen in einer freien Gesellschaft leben und diese Freiheit ihren mitunter hohen Preis hat.“
 
Diesem Medienrat unter dem Vorsitz von Dr. Jooß und seinem Stellvertreter Dr. Kempter ist es immer auch um einen öffentlichen Diskurs von problematischen Programmentwick­lungen und Programmformaten gegangen. Dahinter stand und steht die Erkenntnis, dass sich Medienethik nicht durch Regulierung herstellen oder gar verordnen lässt. Für die Entwicklung medienethischer Maßstäbe, bedarf es eines gesellschaftlichen Konsens, der sich vor allem aus einer differenzierten Auseinandersetzung heraus bildet und schließlich ein medienethisches Bewusstsein schafft und stärkt. Entscheidend war für Dr. Jooß und Dr. Kempter bezogen auf problematische Programmformate nicht nur eine, wenn geboten, sanktionierende Regulierung, sondern eine Antwort auf die Frage, inwieweit es uns gelingt, Kinder und Jugendliche medienfähig zu machen, sie medienkritisch zu sensibilisieren und ein Stück weit auch zu immunisieren. Um dieses Ziel zu erreichen, waren beide bereit, neue Wege zu gehen und neue Initiativen zu unterstützen. Ein sehr wichtiger Schritt war dabei die Gründung der Stiftung Medienpädagogik Bayern im Juli 2008. Damit wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass die Bedeutung der Medien­pädagogik weiter zunimmt, auf Grund der fortschreitenden Globalisierung im Medien­bereich, der zunehmenden Konvergenz der Medien, der Entwicklung neuer Techniken und einer dramatischen Veränderung des Nutzungsverhaltens gerade von Kindern und Jugendlichen. Ziel aller Aktivitäten der Stiftung mit den Leuchtturmprojekten Medien­führerschein und Referentennetzwerk ist es, zu einem selbstbestimmten, aktiven und kritischen Umgang mit aktuellen und künftigen Medienentwicklungen und Kommuni­kationstechnologien beizutragen, sowie die Vernetzung von Institutionen, Initiativen und Akteuren voranzutreiben, die in Bayern die Medienkompetenz fördern. Für das lang­jährige und tatkräftige Engagement von Ihnen, Herr Dr. Jooß, bedanke ich mich im Namen des Stiftungsrats, des Stiftungsvorstandes, der Mitglieder des Kuratoriums und der Mitarbeiterinnen der Stiftung. Als Stiftungsrat scheidet Herr Dr. Jooß mit Ende der Amtsperiode des Medienrats aus. Ich bin aber sicher, dass der Stiftungsrat, der sich demnächst teilweise neu zusammensetzen wird, Sie als neues Kuratoriumsmitglied benennen wird. Denn wir wünschen uns, dass er die Stiftung weiterhin mit seinem umfangreichen Erfahrungsschatz begleitet und unterstützt.
 
Programmqualität, Jugendschutz und Medienpädagogik waren herausragende Themen, mit denen sich der Medienrat unter der Führung von Dr. Jooß und Dr. Kempter intensiv, ja leidenschaftlich auseinandergesetzt hat. Aber es waren nicht die einzigen Themen von großer Bedeutung. In einem Interview zum 30-jährigen Bestehen der BLM nannte Dr. Jooß als weiteres wichtiges Thema die Förderung und Stabilisierung der lokalen und regionalen Rundfunkangebote in Bayern. Aus der jetzt zu Ende gehenden 7. Amtsperiode des Medienrats gibt es vor allem zwei Beispiele, die das eindrucksvoll belegen: Zum einen das bemerkenswerte Engagement des Medienrats als Ganzes und im Besonderen von Dr. Jooß gegen die Pläne des Bayerischen Rundfunks den Jugendsender Puls in Zukunft auch über UKW auszustrahlen. Dabei ging es nicht gegen das Anliegen des BR sein Jugendprogramm inhaltlich weiterzuentwickeln. Die Sorge war und ist, dass die lokalen Hörfunkangebote in Bayern durch die ungleichgewichtige Konkurrenz von drei massenwirksamen Programmen des Bayerischen Rundfunks auf UKW wirtschaftlich ernsthaft bedrängt werden und damit die Gefahr besteht, dass die Balance des dualen Systems in Bayern zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten Rundfunk aufs Spiel gesetzt wird. Auch spricht der Rundfunkstaatsvertrag klar gegen die Ausstrahlung eines digitalen Programmes auf UKW.
Das Engagement für den lokalen Rundfunk wurde auch sehr deutlich in der Diskussion über die Ausspielung regionaler TV-Werbung durch nationale Fernsehanbieter. Der Medienrat hat damals einen Brief des Vorstandes an den Ministerpräsidenten angeregt, in dem die Sorge über die negativen Auswirkungen einer solchen Werbung auf den lokalen Rundfunk zum Ausdruck gebracht wurde. Ein weiteres Beispiel ist das über Jahre große Engagement des Medienrats für eine staatliche Förderung des lokalen Fernsehens in Bayern. Geleitet wurde dieser Einsatz für den lokalen Rundfunk immer von der Über­zeugung und dem Wissen um die enorme Bedeutung des Lokalen in einer globalen Welt.
 
Dr. Jooß, der dem Medienrat seit 24 Jahren angehört, im Jahr 2000 zum stv. Vor­sitzenden und schließlich 2003 zum Vorsitzenden des Gremiums gewählt wurde und Dr. Kempter, der seit 18 Jahren die Freien Berufe im Medienrat vertritt, seit 2001 als Vorsitzender des Grundsatzausschusses und seit 2008 als stv. Vorsitzender des Gremiums waren Glücksfälle für den Medienrat und für die BLM. Beide haben sich mit außergewöhnlichem Einsatz für die Aufgaben des Medienrats und die Mitwirkung der pluralen Gremien an der zukünftigen Entwicklung der Medienlandschaft engagiert. Der Medienrat fand sich in seinen Vorsitzenden wieder. Das Gremium und auch wir in der BLM schätzen ihre Fähigkeit und Bereitschaft zuzuhören und ihre differenzierte Auseinandersetzung mit neuen Themen. Beide haben sie ein sensibles Organ für die Positionen, Stimmungen und Befindlichkeiten des Medienrats. Dies spiegelt sich auch in den Abstimmungsergebnissen wieder, die fast immer von einem breiten Konsens getragen sind.
Und auch die Anbieter schätzen beide in hohem Maße, weil sie um die Bedeutung gerade des lokalen Rundfunks wissen und sich mit großer Überzeugung für dessen Zukunft einsetzen. Dazu gehört auch, Qualität anzumahnen, wenn das geboten erscheint. Und nicht zuletzt gibt und gab es eine hohe Wertschätzung der Mitarbeiter der BLM und der Geschäftsführung für Dr. Jooß und Dr. Kempter. Die Zusammenarbeit mit beiden war stets von hohem gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal von Herzen bedanken.
 
„Ein leidenschaftlicher Bücherfreund und Literaturliebhaber, ein Medienprofi durch und durch, ein Schöngeist, Autor und Geschichtenerzähler – und ein liebenswerter Mensch“, so hat der Münchner Merkur Dr. Jooß einmal beschrieben. Für die BLM und den Medienrat war er häufig ein Vorreiter und Wegbereiter bei neuen Themen und Entwicklungen. Beide, Dr. Jooß und Dr. Kempter, bildeten gemeinsam eine ideale Doppelspitze für diesen Medienrat. Oder um es mit einem musikalischen Bild auszudrücken: gemeinsam ist es Ihnen gelungen, aus den vielen unterschiedlichen Stimmen eines Orchesters einen harmonischen Klangkörper zu formen. Dafür gebührt Ihnen unser aller Dank! Sie werden diesem Gremium mit Ihrer Sachkompetenz und Ihrer Menschlichkeit fehlen. Gleichzeitig sind Sie aber auch Ansporn für uns, in Ihrem Sinne weiterzuarbeiten.
Im Namen aller Mitarbeiter wünsche ich Ihnen, Herr Dr. Jooß und Ihnen, Herr Dr. Kempter sowie allen scheidenden Medienräten Gottes Segen, Gesundheit und Glück und noch viele Jahre im Kreis Ihrer Familien und Freunde.