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Voice-Tracking und Automation: Radiozukunft oder Sackgasse?

03.06.2003 | L10 2003
Radio aus der Konserve - für die einen ist es der rettende Strohhalm in finanziell schwierigen Zeiten, für die anderen eine technische Möglichkeit zur Programmoptimierung, für wiederum andere schlicht und einfach der Tod des Radios. Zweifelsohne ist es ein ebenso aktuelles wie brennendes Thema, das im Rahmen der Lokalrundfunktage 2003 in Nürnberg im Mittelpunkt eines von insgesamt 22 Workshops stand.

Für einen Radio-Moderator ist das Wort "Automation" natürlich ein Schreckgespenst, erklärte einführend die Antenne-Bayern-Moderatorin und -Programmgestalterin Dominique Knoll. Seit Mitte Januar 2003 sendet nun aber auch das bayernweite Programm erstmals automatisierte Sendestrecken, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen - und hat damit nur positive Erfahrungen gemacht. In den Abendstunden von 21:00 bis 24:00 spielt der Computer selbständig "Soft Rock"-Musik, in der "Bayerischen Nacht" kommt zusätzlich auch die Moderation im Voice-Tracking-Verfahren von der Festplatte. Der Moderator hat in der Vorproduktion die Möglichkeit, jeden Break unter Live-Bedingungen "zusammenzufahren" - vom An- bzw. Abmoderieren der Musik bis hin zum Einsatz von Jingles, O-Tönen oder anderen Elementen. Das Endprodukt, ist sich Knoll sicher, klingt dann nicht steriler als die Live-Moderation, sondern nur perfekter. Selbst interaktive Telefongespräche mit Hörern können am Tag aufgezeichnet und in der Nacht zeitversetzt eingeplant werden.

Der Hörer darf und kann den Unterschied nicht hören, stößt Johannes Goetze ins selbe Horn. Der Programmdirektor von Antenne Steiermark / Kärnten setzte die neue Technik bewusst und ohne wirtschaftlichen Zwang ein, um die Hörerzahlen zu steigern. Dank vorproduzierter Stunden sind seine besten Moderatoren viel länger und häufiger "on air": Der Morning Man kann am selben Tag noch als Reporter eine Gala und ein Grönemeyer-Konzert besuchen und eine frischgebackene Mutter kann in zwei Stunden Arbeitszeit zwei komplette Wochenendschienen "moderieren". Allerdings, schränkt Goetze ein, ist für ein gelungenes Voice-Tracking-Programm eine ausführliche Technikschulung des On-Air-Personals notwendig, und die Technik selbst muss 100-prozentig funktionieren und bedienerfreundlich sein.

Noch in viel höherem Maße von der Technik abhängig ist Fred Dohmen. Er hat mit r.tv-Radio in Baden-Württemberg zum Jahresbeginn das "wahrscheinlich erste vollautomatisierte Dreifach-Landkreisradio Deutschlands" gestartet. Moderatoren sind in seinem Konzept gar nicht mehr vorgesehen, stattdessen beliefert ein News-Anchorman aus einem zentralen Studio im Voice-Tracking-Verfahren drei Landkreise im Halbstundentakt mit ganz lokalen Informationen, nämlich Böblingen, Calw und Freudenstadt. Alle weiteren Programminhalte werden als "verpackte" und damit selbsterklärende Rubriken an den Hörer gebracht. Durch dieses Splitting des Sendesignals konnte nicht nur die Lokalität um das Dreifache erhöht werden ("Claim: "Hits & Hier"), auch für potentielle Werbekunden wie z.B. den Dönerbuden-Besitzer werden die kleineren Vermarktungseinheiten plötzlich interessant, freut sich Dohmen. Bereits im April konnten die laufenden Kosten erstmals gedeckt werden. Ob sein vollautomatisiertes "Lokalteil-Radio" aber auch Hörer anzieht und bindet, wird Fred Dohmen erst im Februar 2004 erfahren, wenn r.tv-Radio erstmals in der MA ausgewiesen wird.

Rückfragen: 3. bis 4. Juni 2003 Telefon: 0911 / 8606-4638