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- 2006
Ich habe in meinen Berichten mehrfach auf die geradezu dramatischen Veränderungsprozesse in unserer Medienlandschaft hingewiesen, zuletzt in meinem Bericht am 13.07.2006 auch grundsätzlich die medienpolitischen Herausforderungen dargestellt. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal auf das entscheidende Ziel für die Medienpolitik der Zukunft hinweisen: Auch im Zeitalter von Digitalisierung und Konvergenz bleibt Vielfaltsicherung die wichtigste medienpolitische Herausforderung für die Zukunft: Vielfalt der Anbieter mit einer klaren Mittelstandssicherung, Vielfalt der Inhalte und Qualitätssicherung. Ziel der Medienpolitik und der Medienaufsicht muss die Sicherung und Weiterentwicklung der gewachsenen Medienstruktur mit einem vielfältigen Angebot bleiben. Es müssen aber auch neue Beteiligungsmöglichkeiten für neu auftretende Unternehmen im Medienmarkt eröffnet werden.
Seit dem letzten Bericht sind nur wenige Monate vergangen und jeden Tag wird deutlicher, wie dramatisch der Veränderungsprozess ist. Ich habe immer wieder auf die veränderte Wettbewerbssituation im Bereich der Unternehmen hingewiesen und die damit verbundene Veränderung der Einflussstrukturen in unserer Medienlandschaft. Weltweit erleben wir, wie international agierende Onlineunternehmen wie Google, Microsoft und Yahoo sowie globale Player aus dem Bereich der Telekommunikation wie Vodafone, Telefonica und die Deutsche Telekom mit ihrer enormen wirtschaftlichen Macht in den Medienmarkt drängen und damit zu den klassischen Medienunternehmen in Konkurrenz treten. Neue Unternehmen sind zusätzlich entstanden, die auf so genannten nutzergenerierten Inhalten basieren. Im Gegensatz zur Welt des Fernsehens, die eine klare Trennung von Sender und Empfänger kennt, ist dieser Unterschied im Internet schon immer verwischt worden. Ein relativ neues Phänomen ist allerdings die massenhafte Verbreitung eigener Bild-, Audio- und Videoproduktionen der Nutzer über neue Plattformen, die man vor ein oder zwei Jahren noch gar nicht kannte, wie MySpace, MyVideo, YouTube oder das Phänomen des Podcasting, das erst im Sommer 2004 entstanden ist. Die Bedeutung dieses Veränderungsprozesses wird am deutlichsten, wenn wir die aktuelle Nachricht zur Kenntnis nehmen, dass in diesen Tagen Google für 1,6 Mrd. Dollar YouTube, also eine dieser neuen Plattformen, gekauft hat, eine Plattform, die erst seit Frühjahr 2005 im Markt ist.
Wir müssen uns diesen Herausforderungen stellen und auch die Chancen dieser neuen Entwicklungen nutzen. Dabei stelle ich fest, dass die klassischen Medienunternehmen sich zunehmend mit diesen Fragestellungen beschäftigen. Gleichzeitig versucht die BLM im Sinne eines Dienstleistungsverständnisses für den Mittelstand, hier ihre Möglichkeiten zu nutzen und das Ziel der Teilhabe der klassischen Medienunternehmen, der Regionen und des Mittelstandes an diesen neuen Entwicklungen sicherzustellen. Ein Beispiel dafür ist unsere Aktivität im Bereich von Projekten unter Nutzung neuer digitaler Übertragungswege. Das jüngste Projekt ist das Projekt MI FRIENDS, über das ich schon mehrfach hier im Medienrat berichtet habe und das auf der neuen DMB-Technik basiert. Wir haben damit die Möglichkeit, Mobile-TV auch „Handy-Fernsehen“ genannt, zu testen.
Das zweite Teilprojekt von MI FRIENDS nach dem Münchner Projekt während der Fußballweltmeisterschaft ist Ende September in Regensburg auf Sendung gegangen. Mit diesem Projekt verfolgen wir vor allem das Ziel, neue technische Übertragungsmöglichkeiten für den Mittelstand und die Regionen zu sichern. Das kann aber nur gelingen, wenn die Landeszentrale dieses Projekt auch finanziell tatkräftig unterstützt. Beim Start des Projekts in Regensburg wurde sehr deutlich, mit welchem Engagement, mit welcher Kreativität und mit welcher Begeisterung die Medienunternehmen und andere Unternehmen in Regensburg sich an diesem Projekt beteiligen.
Während das Münchner Teilprojekt im Wesentlichen vorhandene Programme über den neuen technischen Weg DMB verbreitet hatte, sollen im Regensburger Projekt vor allem neue Inhalte spezifisch zugeschnitten auf den neuen Übertragungsweg und das Endgerät Handy entwickelt werden.
Ich bin voller Optimismus, dass uns das gemeinsam gelingt und wir damit auch eine erfolgreiche, lassen Sie mich das mal so ausdrücken, „regionale Besetzungsstrategie“ betreiben. Dazu gehört auch, dass wir die besonderen Kenntnisse der BLM und ihrer Mitarbeiter einsetzen, zum Vorteil kleinerer Unternehmen, die selbst nicht dazu in der Lage wären, diese Herausforderungen qualifiziert zu bewältigen.
Dies gilt zum Beispiel auch für die Information über die Ergebnisse der Funkverwaltungskonferenz RRC 06 – wir haben in den zuständigen Ausschüssen ausführlich berichtet – mit den technischen Gegebenheiten, die vor allem in einer Vervielfachung digitaler Übertragungswege liegen. Diese im Interesse der Weiterentwicklung der Medienlandschaft in Bayern zu nutzen, muss unser vordringlichstes Ziel sein. Hier müssen die Landesmedienanstalten in Kooperation mit den Ländern die neuen Möglichkeiten für den Medienbereich sichern und vor allem die länderspezifischen und regionalen Besonderheiten beachten. Wenn uns dies nicht gelingt, werden zentralistische Strukturen die Zukunft unserer Medienlandschaft bestimmen. Dies führt dann zur zentralen Steuerung durch die Bundesnetzagentur und die europäische Kommission.
Nur ein Beispiel für das Gefahrenpotenzial sind die immer wieder erhobenen Forderungen, vor allem von der EU-Kommissarin Viviane Reding in die Diskussion gebracht, zukünftig alle Frequenzen zu versteigern. Einmal abgesehen davon, dass ein solches Verfahren in Deutschland verfassungswidrig wäre, ginge eine solche Entwicklung zu Lasten des Mittelstands und der Regionen. Viele Grundsatzfragen, die sicher auch bei den Medientagen in München eine zentrale Rolle spielen werden.
In der kommenden Woche vom 18. bis 20. Oktober 2006 finden zum 20. Mal die MEDIENTAGE MÜNCHEN statt. Die Jubiläumsveranstaltung widmet sich unter dem Motto „Medien auf Abruf – Folgen der Individualisierung für die Kommunikationsgesellschaft“ den tief greifenden Veränderungen im Mediensektor. Weit reichende Auswirkungen auf die Medien, Gesellschaft und Politik werden insbesondere durch IP-TV und das Internet der 2. Generation, das so genannte Web 2.0, erwartet. Mit den oben erwähnten nutzergenerierten Inhalten (Blogs, Podcasts etc.) werden die Nutzer zunehmend selbst zu Medienakteuren. Vor allem die klassischen Medien wie Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen stehen dadurch möglicherweise vor großen Veränderungen. Die Digitalisierung und Vernetzung der Medien wird dem gesamten Kommunikationssektor aber auch neue Chancen eröffnen. Die MEDIENTAGE MÜNCHEN befassen sich sowohl mit den Potenzialen des medientechnologischen Fortschritts als auch mit den damit verbundenen inhaltlichen Veränderungen und Auswirkungen auf die Kommunikationsgesellschaft. Sie werden von der Tochtergesellschaft der BLM, der DVB Multimedia Bayern GmbH, bereits zum 8. Mal veranstaltet und organisiert in Zusammenarbeit mit zahlreichen Partnern und vom Freistaat Bayern und der BLM gefördert. Positiv hervorzuheben ist, dass der Bayerische Rundfunk sich als Veranstalter von Panels sowie auch als Medienpartner mit eigenen Sendungen und mit der Übertragung von Medien- und Printgipfel im Bayerischen Fernsehen und BR alpha viel stärker engagiert als früher. Zu den MEDIENTAGEN 2006, zu denen alle Medien- und Verwaltungsräte eingeladen sind, werden wiederum etwa 7.000 Teilnehmer erwartet.