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- 2011
Für die Verbreitung von digitalen terrestrischen Radioprogrammen (Digital Radio) wurden im Rahmen der RRC’06 (Regional Radiocommunication Conference 2006) die frequenztechnischen Grundlagen geschaffen. Für die Verbreitung von Digital Radio stehen in Deutschland seitdem ein bundesweites Netz, zwei landesweite Netze je Bundesland und zusätzlich noch ein bis zwei lokale/regionale Netze in allen Regionen Deutschlands zur Verfügung. Weitere Kapazitäten können zudem noch aktiviert werden. Zum Unterschied zum Jahr 1985, als für den privaten Rundfunk kaum gute UKW-Frequenzen verfügbar waren, sind im digitalen Zeitalter die Frequenzen für den privaten Rundfunk ausreichend und vor allem genauso gut, wie die Frequenzen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Die gesetzlichen Rundfunkbedarfsträger für den Hörfunk in Deutschland - ARD, Deutschlandradio und Landesmedienanstalten – haben bereits im Jahr 2009 eine Vereinbarung unterzeichnet, die eine Aufteilung der Kapazitäten im bundesweiten Netz zum Inhalt hatte. Danach sollte Deutschlandradio ein Drittel der Kapazität für seine Programme und die Landesmedienanstalten zwei Drittel der Kapazität für private Programme erhalten. Die ARD-Anstalten werden sich ausschließlich in den landesweiten Netzen engagieren und dort ihre Radioprogramme verbreiten.
Dieser Verständigung der Rundfunkbedarfsträger für das bundesweite Netz sind die Ministerpräsidenten der Länder gefolgt und haben gemäß § 51 Abs. 2 RStV mit einstimmigem Beschluss vom 29./30. Oktober 2009 die Kapazitäten im bundesweiten Netz Deutschlandradio und den Landesmedienanstalten entsprechend zugeordnet.
Eine Ausschreibung der Landesmedienanstalten im 1.Quartal 2010 führte zur Genehmigung von 6 Radioangeboten von Lounge FM, Regiocast, Neue Welle, NRJ und Evan¬geliumsrundfunk (ERF) sowie eines Verkehrs-Datendienstes der Media Broadcast. Auf Grundlage dieser Ausschreibung wurde im Dezember 2010 von der ZAK zwei Drittel der Kapazität diese privaten Hörfunkanbietern zugewiesen. Die Bundesnetzagentur führte parallel das telekommunikations-rechtliche Verfahren nach TKG durch und beauftragte die Media Broadcast mit dem Sendernetzbetrieb.
Die sehr schwierigen Verhandlungen zwischen Deutschlandradio und den privaten Radioanbietern auf der einen Seite und der Media Broadcast auf der anderen Seite wurden mit einer erfolgreichen Vertragsunterzeichnung im November 2010 erfolgreich abgeschlossen. Umfangreiche Vereinbarungen mit der Endgeräte- und Autoindustrie sowie anderen Marktpartner verfolgen alle das Ziel, das bundesweite Digital Radionetz zum 01.08.2011 zu starten.
Danach haben die Landesmediananstalten unverzüglich die noch vorhandene Restkapazität von ca. drei Programmplätzen im bundesweiten Netz für private Hörfunkangebote ausgeschrieben. Und wie wir es immer erwartet hatten, wenn die grundlegenden Entscheidungen für Digitalradio getroffen sind, haben sich mehr Unternehmen auf die noch freien Kapazitäten beworben, als Kapazitäten zur Verfügung stehen. Insofern ist auf Basis der vorliegenden Bewerbungen eine Auswahlentscheidung der Landesmedienanstalten unumgänglich.
Die ZAK hat in ihrer Sitzung vom 15.02.2011 die Zuweisungsfähigkeit von Digital Radio Kapazitäten für alle Bewerber dieser Nachausschreibung festgestellt. Dies sind
Klassik Radio GmbH & Co. KG für Klassik Radio
NORFOM Medien GmbH & Co. KG mit zwei Unterhaltungsspartenprogrammen
Internationale Christliche Rundfunkgesellschaft e.V. mit Radio Horeb und
REGIOCAST DIGITAL GmbH für das Projekt "Caruso".
Auf der Grundlage des § 51a Abs. 3 RStV führte daraufhin der Vorsitzende der ZAK, Herr Fuchs, und der Hörfunkbeauftragte der DLM, Herr Dr. Bauer, am Dienstag dieser Woche (22.02.2011) ein Verständigungsgespräch mit den Bewerbern durch. Was zu erwarten war, ist eingetreten, keiner der Bewerber hat zurückgezogen und damit wird aller Voraussicht nach eine Auswahlentscheidung durch die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) notwendig. Dies wäre der erste Anwendungsfall nach dem geltenden Rundfunkstaatsvertrag.
In § 51a Abs. 4 des Rundfunkstaatsvertrages sind als Auswahlkriterien hierfür genannt. Es geht darum, ob das Angebot:
1. die Meinungsvielfalt und Angebotsvielfalt fördert,
2. auch das öffentliche Geschehen, die politischen Ereignisse sowie das kulturelle Leben darstellt und
3. bedeutsame politische, weltanschauliche und gesellschaftliche Gruppen zu Wort kommen lässt.
In die Auswahlentscheidung ist ferner einzubeziehen, ob das Angebot wirtschaftlich tragfähig erscheint sowie Nutzerinteressen und -akzeptanz hinreichend berücksichtigt.
Die Entwicklung des Endgerätemarktes mit DAB+-Geräten ist eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg. Dies haben die Landesmedienanstalten auch in der Nachausschreibung zum Ausdruck gebracht.
Der Hörfunkbeauftragte und der ZAK-Vorsitzende werden nach dem formal „gescheiterten Verständigungsgespräch“ nun für die Gremienvorsitzendenkonferenz-Sitzung am 15.03.2011 einen Vorschlag erarbeiten, der die Ergebnisse des 22. Februars berücksichtigt, Alternativen der Entscheidung aufzeigt und den Start von Digital Radio im bundesweiten Netz zum 01.08.2011 vorbereitet. Es ist somit davon auszugehen, dass ab August in 27 Städten Deutschlands über 40 Mio. Einwohner (1. Aufbauphase) mit den neuen Digital Radio-Programmen versorgt werden können. In Bayern wird dies die Gebiete Nürnberg, Regensburg, Ingolstadt, Augsburg und München umfassen.
Weiteren Aufwind für das unternehmerische Handeln der bereits genehmigten und der neuen Bewerber sowie für die gesamte Entwicklung von Digital Radio in Deutschland wird auch der KEF-Beschluss von gestern geben. Die KEF teilte in einer Presseerklärung mit, dass nun auf Grund der Entwicklung auch auf der privaten Seite alle Projektmittel für ARD und Deutschland Radio i.H.v. insgesamt 35,75 Mio. EUR für die laufende Gebührenperiode zweckgebunden freigegeben wurden. Die ARD-Anstalten werden somit ihre fertigen Planungen für Digital Radio-Netze umsetzen können.
Die BLM, die bayerischen mittelständischen Radiounternehmen und der Bayerische Rundfunk haben sich mit großer Unterstützung der Politik in Bayern jahrelang gemeinsam für die Entwicklung des Digital Radios eingesetzt und Widerstände vor allem im Norden der Bundesrepublik überwunden.
Jetzt sind endlich die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft des Radios in einer digitalen Medienwelt geschaffen.