ORH
Wir haben in den Ausschüssen schon über die Beratende Äußerung und die begleitende Mitteilung des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH) gesprochen, die vor dreieinhalb Wochen (11.11.24) veröffentlicht wurde. Es ist mir trotzdem wichtig, heute noch einmal den Stand zusammenzufassen.
Vorab möchte ich betonen, dass es wichtig ist, dass es einen ORH gibt. Einen ORH, der kritisch nachfragt und hinterfragt, wie öffentliche Mittel ausgegeben werden. Kritik an handwerklichen Fragen der Förderabwicklung nehmen wir ernst und haben sie größtenteils gelöst, auch wenn es kurzfristig für uns mehr Arbeit und für die Anbieter künftig mehr Bürokratie bedeutet. Ob diese handwerklichen Fragen dramatisch sind oder nicht, mögen andere beurteilen. Bei der letzten ORH-Prüfung 2011 waren sie jedenfalls noch keiner Erwähnung wert.
Bedauerlich ist, dass sich auch in die öffentliche Kommunikation des ORH offensichtliche Unrichtigkeiten oder missverständliche Darstellungen eingeschlichen haben. Um es noch einmal klarzustellen: Entgegen der Darstellung des ORH gibt es natürlich noch weitere Medienanstalten ohne Vorwegabzug. Selbstverständlich gibt es in der BLM eine interne Revision und Spitzenverdiener im Vergleich der Medienanstalten bin nicht ich, sondern ein anderer Direktor. Vielleicht hätte es schon geholfen, wenn der ORH klargestellt hätte, dass sich seine Feststellungen auf den Zeitraum 2015 bis 2020 bezogen haben und dass seitdem, z.B. beim Fördersystem, der Vergütungsstruktur und bei Themen wie Compliance bereits viel verändert wurde. All diese Änderungen hat der ORH leider nicht mehr berücksichtigt.
Denn, um es noch einmal zu betonen: Die in diesem Bereich getroffenen Feststellungen nehmen wir ernst. Aber die Darstellung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der BLM insgesamt weit über dem Üblichen verdienen würden, deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen, dass Stellen über Monate unbesetzt bleiben, Kandidaten im Hinblick auf höhere Gehaltsvorstellungen absagen oder Mitarbeiterinnen die BLM verlassen, weil sie in der Privatwirtschaft oder beim Freistaat Bayern attraktivere Konditionen – Stichwort Beamtenversorgung – vorfinden.
Sehr kritisch sehe ich es allerdings, wenn der ORH eine Reduzierung der gesetzlichen Aufgaben fordert. Streng genommen ist die BLM hier übrigens ohnehin der falsche Adressat – das wäre der Gesetzgeber. Der Gesetzgeber hat in Art. 11 Abs. 2 BayMG das gesetzliche Aufgabenspektrum definiert, das unter anderem die Förderung von Aus- und Fortbildung sowie Medienkompetenz und die Stärkung des Medienstandorts Bayern beinhaltet. Wir werden später den Wirtschaftsplan für 2025 behandeln, der mehr als die Hälfte der zur Verfügung stehenden Mittel für die Förderung vorsieht.
Und das ist gut und richtig so. Denn Förderung ist heute wichtiger denn je. Ob lokale Inhalte, Medienkompetenz, Ausbildung oder Standort – die Förderung durch die BLM ist ein zentraler Grund, warum sich in Bayern eine einzigartige Medienbranche entwickelt hat. Gerade in Zeiten zunehmender Demokratieskepsis spielen lokale Medien eine unverzichtbare Rolle für eine ausgewogene Meinungsbildung.
Die Einschränkung der Aufgaben auf die bloße Aufsichts- und Kontrollbefugnis würde dagegen das Ende für die einzigartige und vielfältige lokale Medienlandschaft in Bayern bedeuten. Für die Medien wichtige Projekte wie der Medienführerschein Bayern oder die Mediaschool wären durch ein Aus bei der Förderung gefährdet. Es ist insofern erfreulich, dass aus der Staatskanzlei zu hören ist, das „Ob“ der Lokal-TV-Förderung stehe für die Staatskanzlei außer Frage. Zur Sicherstellung der Förderung sei es aber notwendig, dass die Vorgaben der Bayerischen Haushaltsordnung beachtet werden. Die vom Medienrat verabschiedete Lokal-TV-Strategie 2025 wird hier als erster Schritt für eine Evaluierung gesehen, die aber noch zu ergänzen sei. Damit erkennt die Staatskanzlei ausdrücklich die Eigenverantwortlichkeit und Staatsferne der BLM an.
Für uns ist dabei selbstverständlich, dass sich jede Förderung nicht nur einer kontinuierlichen Erfolgskontrolle – wie zum Beispiel im Rahmen der Funkanalyse – unterziehen muss. Nachhaltige Förderung braucht auch Vorsorge. Das Förderangebot der BLM ist ein langfristiges Versprechen. Förderung darf nicht nach Kassenlage erfolgen, sondern muss eine langfristige Förderperspektive geben. Das geht nur mit einer soliden mittelfristigen Finanzplanung und ausreichend Rücklagen in Zeiten, in denen unklar ist, wie sich z.B. der Rundfunkbeitrag in den kommenden Jahren entwickeln wird.
Die Rücklagen bestehen im Übrigen vor allem deswegen, weil wir sparsam und wirtschaftlich mit unseren Mitteln umgegangen sind. Durch Effizienzsteigerungen, Restrukturierungen und besonders sparsame Haushaltsführung hat die BLM außerdem neue und umfangreichere Aufgaben – mit einem im Wesentlichen gleichbleibenden Personalstamm – gestemmt.
Der ORH hat zudem die altbekannte Forderung nach einer Medienanstalt der Länder wieder aufgewärmt. Eine solche Zentralisierung würde eine Änderung des Medienstaatsvertrags sowie der Bayerischen Verfassung voraussetzen und wurde bislang von den Ländern immer abgelehnt. Wie Sie alle wissen, erfolgt bei bundesweiten Angeboten bereits eine Aufgabenaufteilung. Eine weitere Konzentration hält die BLM für nicht zielführend (Beispiel NetzDG). Eine Reduzierung der BLM auf eine reine Lokal-Medienanstalt würde zudem dem politischen Anspruch Bayerns in keiner Weise gerecht werden.
Rundfunkbeitrag / BVerfG-Klage der Öffentlich-Rechtlichen
Nach diesen Erfahrungen mit dem ORH erscheint die Klage der öffentlich-rechtlichen Sender vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einerseits verständlich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat nach ständiger Rechtsprechung des obersten Verfassungsorgans Anspruch auf eine angemessene Finanzierung. Mit der Frage der Angemessenheit ist laut Staatsvertrag der Länder die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) beauftragt, die auf Grundlage des aktuellen öffentlich-rechtlichen Auftrags eine Erhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich empfohlen hatte. Von daher überrascht es nicht, dass viele Verfassungsrechtler einer solchen Klage gute Erfolgsaussichten bescheinigen.
Ob es aber politisch klug ist, diesen Weg jetzt zu gehen, stelle ich in Frage. Zur Erinnerung: Einige Länder, so auch Bayern (sowie Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt u.a.), haben bereits kommuniziert, nicht zustimmen zu wollen. Gleichzeitig wurde von den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder signalisiert, eine Entscheidung über den Rundfunkbeitrag auf Mitte Dezember zu vertagen – auch im Lichte der aktuellen Reform des ÖRR.
Um es klar zu sagen: Es braucht einen angemessen finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Auftrag ist vor der Bedarfsstellung gesetzlich festzulegen, ließe aber auch Raum für eine Fokussierung auf Information, Kultur und Bildung mit Einschränkungen bei Lokalität, Anzahl von Sendern oder Sportrechten. Ob es aber im Sinne unserer Demokratie ist, dass künftig das Bundesverfassungsgericht die von der KEF empfohlene Höhe im Klagewege durchsetzt, ist weder für den ÖRR noch die Länder ein erfreuliches Vorgehen und führt auch bei uns zu sehr viel Unsicherheit über die künftige Entwicklung.
Digitalisierungskampagne Allgäu
Im Rahmen unserer Beratungen zur Audiostrategie haben wir vielfach über die Herausforderungen und Belastungen vor allem kleinerer ländlicher Radiosender gesprochen. Im Allgäu muss der Lokalradiosender RSA seinen Sendebetrieb nun nach knapp 40 Jahren zum Jahresende aus wirtschaftlichen Gründen einstellen. UKW hat sich hier bereits 2024 als Mühlstein erwiesen, der im Übrigen auch andere Anbieter von einer Beteiligung am bestehenden Sender mit einer allgäuweiten UKW-Bedeckung abgehalten hat. Ob RSA hätte gerettet werden können, wenn man mit einer Migrationsstrategie früher begonnen hätte, weiß ich nicht. Fakt ist aber: Lokale Informationen im Radio gibt es im Allgäu ab 2025 nur noch über DAB und Webradio.
Damit das Genre Radio nicht leidet, startet nun unter dem Slogan „Mehr Allgäu im Radio“ eine Kampagne mit Verweis auf Lokalnachrichten und Service mit Ortsbezug bei den DAB-Sendern AllgäuHIT, Fantasy Allgäu und Radio Schwaben. Die BLM hat die Digitalisierungskampagne im Allgäu mit den drei lokalen Anbietern und der Bayern Digital Radio GmbH als zentrale Koordinierungsstelle initiiert. Die Kampagne läuft über Plakate, Postwurfsendungen, Social Media, Online und – natürlich! – über das Radio.
Das Allgäu wird damit zum Vorreiter bei der digitalen Hörfunkverbreitung in Bayern. Ab Januar ist es die erste Region in Bayern, in der lokaler Hörfunk voll digital, d.h. vor allem über DAB+, verbreitet wird. Mit der Digitalisierungskampagne wollen wir die Nutzung von DAB+ weiter steigern und so die verbleibenden Sender im Allgäu unterstützen. Damit setzen wir eine vom Medienrat beschlossene zentrale Maßnahme aus der Audiostrategie 2025 um. Die Einstellung des Sendebetriebs von RSA zum Jahresende mahnt uns einmal mehr, die deutlich wirtschaftlichere Verbreitung über DAB+ zu stärken und dadurch das Lokalradio zu stützen.
Hinweis auf neue Publikationen
Kurz möchte ich Sie noch auf zwei neue Publikationen hinweisen:
Zum einen haben wir jetzt einen Flyer zum Sicheren Passwort. Auch wenn es natürlich keine absolute Sicherheit gibt – es lässt sich doch eine ganze Menge tun, um sensible Daten online bestmöglich zu schützen: zum Beispiel durch möglichst lange und komplizierte Passwörter, am besten in Kombination mit einem Passwortmanager. Den Flyer können Sie kostenlos online auf unserer Website herunterladen – oder Sie nehmen ihn sich direkt als Printversion mit (liegt hinten aus).
Während der Fußball-EM ist mir erstmals die Werbekennzeichnung „enthält virtuelle Werbung“ bewusst aufgefallen. Falls es Ihnen genauso geht, empfehle ich die dritte Ausgabe von OBACHT!. Das digitale Werbemagazin der BLM beschäftigt sich mit dieser immer beliebteren innovativen Werbeform und zeigt, welche werberechtlichen Vorgaben bei der Umsetzung beachtet werden müssen.
Rückblicke Veranstaltungen
Der Herbst ist immer voller spannender Veranstaltungen. Auf ein paar möchte ich kurz zurückblicken:
Medientage München 2024
Starten möchte ich – auch wenn sie schon ein bisschen zurückliegen – mit den 38. MEDIENTAGEN MÜNCHEN, vom 23.-25. Oktober im House of Communication. Einige von Ihnen waren ja dort und/oder bei der Nacht der Medien bzw. beim Blauen Panther in der BMW-Welt dabei.
Die Medientage München im House of Communication bieten – das hat die Location nun zum zweiten Mal bewiesen – eine perfekte Plattform zum Austausch auf höchstem Niveau. Man begegnet allen aus der Branche und der Medienpolitik auf engstem Raum. Kein Wunder, dass wir am Mittwoch und Donnerstag ausverkauft waren. Insgesamt waren es mehr als 5.000 Besucherinnen und Besucher. Das zeigt, wie wichtig der Dialog über die Zukunft unserer Medienlandschaft ist.
Unter dem Motto „Realities“ ging es drei Tage lang darum, wie sich Künstliche Intelligenz auf Branche und Gesellschaft auswirkt. Klar ist: Eine Welt ohne KI wird es nicht mehr geben. Verantwortung, Vielfalt und Vertrauen: Diese drei Begriffe werden auch weiterhin zentral in der Debatte über Chancen und Risiken der generativen KI sein. Die Chancen sehen Medienunternehmen als enorm an. Diese positive Aufbruchsstimmung habe ich bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN auf beeindruckende Weise erlebt – genauso wie das Bekenntnis, Verantwortung wahrzunehmen.
Neben vielen neuen Erkenntnissen in Sachen Künstlicher Intelligenz waren für mich weitere Highlights:
Wir haben die gemeinsame Initiative „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“ mit dem Bayerischen Justizministerium um Influencer erweitert und unsere Kooperation verlängert. Das Panel mit Staatsminister Georg Eisenreich hat gezeigt, wie wichtig das ist, wenn wir in der Demokratie dialogfähig bleiben und der Spaltung entgegenwirken wollen. In Ergänzung zu dem Panel hat nur wenige Wochen später bei uns im Haus auch noch ein praktischer Workshop stattgefunden, an dem Justizministerium, Generalstaatsanwaltschaft München, Polizei und aktive Unterstützende der Initiative teilnahmen.
Mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner hatte ich die Ehre, den Nachhaltigkeitspreis Medien an die Medienwerkstatt Franken zu überreichen. Ihre „Dokumentationen auf Augenhöhe“ zeigen, wie lokale Medien ihre publizistische Verantwortung wahrnehmen können. 2024 habe ich mich über einige neue Paktpartner gefreut, u.a. ist die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) dem Nachhaltigkeitspakt Medien beigetreten.
Bestens besucht und prominent besetzt – u.a. mit dem EVP-Vorsitzenden Manfred Weber – war der Europatag. Deutlich wurde: Auch wenn Global Playern nicht allein mit nationaler und föderaler Regulierung begegnet werden kann, haben europäische Gesetzesvorhaben wie EMFA und AI Act ihre Tücken. Vom Europatag ging ein klares Bekenntnis zur Kulturhoheit der Länder aus (One size fits Not all), das die Medienanstalten nur bekräftigen können.
Ich freue mich, wenn Sie sich bereits heute die nächsten MEDIENTAGE MÜNCHEN in den Kalender eintragen: sie finden von 22. - 24 Oktober 2025 statt.
Forum Medienpädagogik
Noch frisch im Gedächtnis ist mir das Forum Medienpädagogik. Es fand vor genau einer Woche in der Landeszentrale statt und beschäftigte sich mit der zentralen Frage, wie Nachrichten in Zeiten von Social Media junge Menschen überhaupt noch erreichen?
Ich bin davon überzeugt: Gerade mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl ist es wichtiger denn je, Nachrichten-Müdigkeit entgegenzutreten, Nachrichten-Kompetenz zu stärken und Nachrichten-Vertrauen zu schaffen. Wir hoffen, mit dieser Veranstaltung ein Stück weit dazu beigetragen zu haben, dieses wichtige Thema zu platzieren.
Mein herzlicher Dank auch nochmals an Michael Schwägerl, der die Veranstaltung wieder moderiert hat, und an alle Medienrätinnen und Medienräte, die als Gäste dabei waren!
Augsburger Mediengespräche
Weiteres Highlight im Veranstaltungsherbst sind traditionell die Augsburger Mediengespräche. „Warum braucht Demokratie einen starken Lokaljournalismus?“ – diese Frage stand diesmal im Mittelpunkt der beliebten Publikumsveranstaltung der BLM und der lokalen Augsburger Medien kurz nach den Herbstferien.
Ein gelungener Abend, der eines sehr deutlich gemacht hat: Lokales Radio und Fernsehen (wie auch Lokalzeitungen) spielen eine herausragende Rolle bei der Förderung von bürgerschaftlichem Engagement und für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Das bestätigt einmal mehr, wie wichtig die Förderung lokaler Inhalte ist – womit wir wieder beim Thema vom Anfang meines Berichts wären…