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Wettbewerb um junge Talente
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Wettbewerb um junge Talente

Die Generation Z kann sich heute die Arbeitsplätze häufig aussuchen. Startups haben als Arbeitgeber den Vorteil, dass sie oft besser wissen, wie Leute aus der Gen Z ticken – und ihnen flexiblere Jobs anbieten können. Doch auch die Startup-Welt muss sich im Wettbewerb um junge Talente anstrengen, um ihre Stellen zu besetzen.

Text Bernd Oswald

Tristan Wißing hat seinen Job seiner Schwester zu verdanken. Mara hatte nach acht Monaten als Community-Managerin beim Münchner Startup Gutfeel den Wunsch, sich nach etwas Neuem umzusehen. „Gleichzeitig empfahl sie uns ihren Bruder, der von den Kompetenzen her noch besser passen würde“, sagt Dominik Grauer, Co-Gründer und Geschäftsführer von Gutfeel. Das Startup bietet eine digitale Plattform an, mit der Unternehmen Marktstudien mit der Zielgruppe Generation Z durchführen können.

Tristan folgte im November 2023 seiner Schwester als Community-Manager nach. „Das war ein spannender Switch“, so Grauer. In diesem Fall war es die Familie, doch auch sonst sind persönliche Kontakte bei der Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten wichtig. „Was gut geht, ist das eigene Netzwerk anzuzapfen“, berichtet Grauer. Mara wurde zum Beispiel direkt von der Mitarbeiterin angesprochen, die damals bei Gutfeel für „People und Culture“ zuständig war. Die Begriffe Human Ressources oder Personalabteilung sucht man in der Startup-Welt vergeblich.
 

Generation Z stellt hohe Anforderungen an ihren Arbeitsplatz

Natürlich arbeitet Gutfeel auch mit Stellenausschreibungen. „Aber bei einer Stelle mit klarem Anforderungsprofil und Aufgaben ist es schwierig, dass das mit einer Person matcht“. Überrascht war Grauer, „wie schlecht LinkedIn fürs Recruiting funktioniert hat“. Da seien zwar schon ein paar Bewerbungen reingekommen, allerdings eher von internationalen Personen, was nicht so gut gepasst habe, weil Gutfeel vor allem in Deutschland Marktforschung betreibt.

Dabei müssen Unternehmen heute froh sein, wenn sich Leute aus der Generation Z überhaupt noch aktiv bewerben. Auch die Medienbranche ist zu einem Arbeitnehmermarkt geworden. Das heißt: Die Generation Z kann sich ihren Job heute aussuchen. Was ein potenzieller neuer Arbeitgeber bieten sollte, hat eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des Karriere-Netzwerks Xing 2023 ermittelt.  Die 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich ist 82 Prozent der Befragten wichtig. Ein höheres Gehalt wünschen sich 72 Prozent. Ebenfalls sehr relevant sind ein guter Zusammenhalt im Team (68 Prozent) und die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten (66 Prozent). Deutlich über die Hälfte der Befragten (58 Prozent) ist bei einem neuen Job außerdem auf der Suche nach Sinnerfüllung.
 

Sinnerfüllung und Flexibilität stehen hoch im Kurs

Auch Dominik Grauer bestätigt, dass der Sinn oder der Purpose einer Tätigkeit enorm wichtig ist: „Für das Recruiting der Generation Z ist es wichtig, dass die Leute sich mit dem Produkt identifizieren können.“ Der 26-Jährige Co-Gründer glaubt, dass der Generation Z der Purpose sogar wichtiger ist als Geld. Speziell der Faktor Nachhaltigkeit spiele hier eine große Rolle. „Das Nachhaltigkeitsbewusstsein ist in der Generation Z viel stärker ausgeprägt als in früheren Genera-tionen.“ Aber natürlich müsse es auch im Team passen.

Die im Zusammenhang mit der Generation Z oft zitierte Flexibilität von Arbeitszeit und -ort wird auch bei Gutfeel angeboten. Hier gibt es flexible Arbeitszeiten: Die fünf Mitarbeitenden können von zuhause aus arbeiten oder – wie Grauer selbst – ins Büro kommen. Wert legt er darauf, dass seine Kolleginnen und Kollegen zwischen 10 und 16 Uhr erreichbar sind und innerhalb von 30 Minuten auf Nachrichten oder Fragen antworten. Auch zu den Check-Ins am Anfang und Ende der Woche sollen alle da sein.
 

Mobile-first-Konzept: 1-Klick-Bewerbung statt langwierige Verfahren

Die klassische Stellenausschreibung ist zwar auch bei Startups noch nicht ganz ausgestorben, muss aber ebenfalls auf die Ansprüche und Lebensrealität der Generation Z zugeschnitten sein. Das heißt: Sie muss mobil funktionieren. „Entscheidend ist es, ein mobile-first-Konzept über den gesamten Bewerbungsprozess hinweg zu implementieren“, sagt Selina Schröter, Employer Branding Consultant im Gen Z-Recruiting-Ratgeber der Karrieremesse DRX.

Das Mobile-first-Konzept beginnt beim Employer Branding. Die Gen Z konsumiere bevorzugt Content in Form von kurzen Reels, TikTok-Videos, Bildern und authentischen Kommentaren auf Social Media. Und auch der Bewerbungsprozess müsse maximal einfach und unkompliziert sein und ebenfalls mobil funktionieren. Langwierige Bewerbungsverfahren mit Anschreiben und Co seien nicht mehr zeitgemäß. Manche Startups haben die 1-Klick-Bewerbung schon umgesetzt: Ihre Jobausschreibungen sind direkt mit einer Seite verknüpft, auf der Interessentinnen und Interessenten ihre Bewerbungsunterlagen hochladen können.
 

Proaktive Ansprache und flexible Jobbeschreibung

Weil es in vielen Branchen ein Überangebot an offenen Stellen gibt, empfiehlt Generation Z-Expertin Schröter den Firmen, potenzielle Kandidaten und Kandidatinnen proaktiv anzusprechen: „Eine persönliche Ansprache kann ihr Interesse wecken und sie dazu ermutigen, sich aktiv mit Deinem Unternehmen auseinanderzusetzen.“ Active Sourcing nennt man diese Methode.

Doch auch der umgekehrte Weg ist möglich: Jobsuchende reichen eine Initiativbewerbung ein. Damit hat auch Dominik Grauer gute Erfahrungen gemacht. „Unsere Praktikantin Marina kam proaktiv auf uns zu, ohne dass eine Stelle ausgeschrieben war“. Schon jetzt ruft Gutfeel auf der Job-Seite zu Initiativbewerbungen auf.

In Zukunft möchte Grauer Initiativbewerbungen noch mehr fördern und Stellen auf die Fähigkeiten und Interessen der Bewerberinnen und Bewerber zuschneiden: „Bei Gutfeel sind wir sehr flexibel, Stellen zu schaffen und Aufgaben zu verschieben.“ Oft sei es besser, die konkrete Stelle erst im persönlichen Austausch mit den neuen Mitarbeitenden zu definieren als passende Personen für einen genau definierten Aufgabenbereich zu finden. Und ein Startup tut sich mit so einer flexiblen Jobbeschreibung sicher leichter als ein Dax-Konzern.

Bild Bernd Oswald
Bernd Oswald ist freier Journalist für Themen an den Schnittstellen von Medien, Technologie und Politik, unter anderem im Netzwelt-Ressort von BR24. Für Start Into Media betreute er die Studie „Fachkräfte für die Medien – was braucht die Branche?".
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