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Hass im Netz gefährdet demokratischen Diskurs
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Hass im Netz gefährdet demokratischen Diskurs

Im Wahljahr 2024 häufen sich gewalttätige Angriffe auf Politiker und Politikerinnen. Digitaler Hass wirkt offenbar wie ein “Brandbeschleuniger” und kann zu realer Gewalt führen. Amts- und Mandatsträger sind aber nur eine Gruppe von Betroffenen. Sowohl bundesweit als auch auf Länderebene gibt es zahlreiche Maßnahmen und Initiativen gegen Hass im Netz.

Text Maria Monninger

Die Zahlen sind ein Alarmsignal“, warnte Holger Münch, der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), im Mai 2024 im Interview mit der TAZ. „Wir haben im vergangenen Jahr 5.400 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger registriert, in den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl verdreifacht. Zum Glück waren davon nur ein Bruchteil Gewaltdelikte. Aber wir sehen, dass die Unzufriedenheit mit staatlichen Institutionen Beleidigungen und Bedrohungen befördert, und auch Gewalt. Und das häuft sich nun vor den anstehenden Wahlen.“

Die Folge der Hass-Spirale: Viele Betroffene ziehen sich aus der Politik zurück, vor allem auf kommunaler Ebene. Das hat direkte Auswirkungen auf das Zusammenleben in unserer Gesellschaft und auf die Demokratie. Wichtig ist, Betroffene nicht alleine zu lassen, fordert z.B. das Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz, zu dem u.a. auch HateAid gehört. Laut deren aktueller Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug“ bekennt sich mehr als die Hälfte der Internet-User aus Angst vor Hass im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung und beteiligt sich weniger an Diskussionen.

Online-Hass gegen Amts- und Mandatsträger

Wenn Politikerinnen und Politiker oder andere Personen des öffentlichen Lebens im Netz abgewertet oder angegriffen werden, ist das nicht nur ein Problem für die Betroffenen selbst. Es beeinflusst auch unser demokratisches Miteinander. Denn oft ist damit eine Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und ihrer Werte verbunden – vor allem in Verbindung mit politischem Extremismus.

Und: Online-Hass ist auch eine Form von Gewalt. Gerade für Kinder und Jugendliche, die sich noch in der Entwicklung befinden und ihr Welt- und Menschenbild, ihre Werte sowie ihr politisches Wissen und Verständnis erst noch ausbilden, ist das problematisch. Ihre Kompetenz für ein diskriminierungsfreies gesellschaftliches Miteinander kann geschädigt und die Erziehung zur Achtung der persönlichen Integrität, Menschenwürde und Toleranz gestört werden. Es besteht die Gefahr einer Beeinträchtigung oder Gefährdung ihrer Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.

Neben Straftaten können im Fall von Online-Hass also auch Jugend­schutzverstöße vorliegen. Insofern ist Online-Hass auch ein Thema für den Jugendmedienschutz. Gemeinsam gegen Hatespeech vorzugehen, haben sich unter anderem die Medienanstalten vorgenommen.

BLM setzt auf Kooperationen im Kampf gegen Hass im Netz

So setzen die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) und das bayerische Justizministerium in ihrer Initative Justiz & Medien –Konsequent gegen Hass auf eine konsequente Strafverfolgung. Hass und Hetze können in einem einfachen Online-Verfahren direkt bei der Staatsanwaltschaft gemeldet werden. Außer Medienhäusern, freien Journalisten und Plattformen können auch Amts- und Mandatsträger am Meldeverfahren teilnehmen: also Kommunalpolitikerinnen und -politiker sowie bayerische Abgeordnete (Mitglieder des Landtags und bayerische Mitglieder des Bundestags und des Europäischen Parlaments).

Betroffene wenden sich mit ihren Strafanzeigen oder Bitten um Prüfung der Strafbarkeit eines Sachverhalts direkt online an den Hate-Speech-Beauftragten in der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München. Seine Aufgabe ist es, für eine “besonders engagierte Bearbeitung“ und “gleichmäßige Handhabung“ der Fälle in Bayern zu sorgen, so das bayerische Justizministerium.

Auch das „Bayerische Bündnis für Toleranz – Demokratie und Menschenwürde schützen”, zu dessen rund 100 Mitgliedern seit 2021 auch die BLM gehört, ist im Kampf gegen Hass im Netz aktiv. Es ist Bayerns größter Zusammenschluss aus staatlichen, zivilgesellschaftlichen Akteuren und Religionsgemeinschaften, die sich für die Stärkung der Demokratie und die Achtung der Menschenwürde einsetzen und sich die Bekämpfung von Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus zum Ziel gesetzt haben.

Das Schwerpunktthema 2024/2025 lautet „Gemeinsam für Respekt und Toleranz im Netz“. So haben die Bündnispartner eine öffentliche Videokampagne initiiert, in denen Betroffene zu Wort kommen. Unter dem Hashtag #zuwertvollfuerhass wird auf Sozialen Netzwerken wie Instagram dazu aufgefordert, sich gegen Hass im Netz zu wehren.

Bei der Extremismusprävention setzt die BLM auf Vernetzung, Wissens- und Erfahrungaustausch, Zusammenarbeit mit relevanten Stellen sowie auf die Sensibilisierung der Öffentlichkeit durch Veranstaltungen und Präventions­materialien.

Prüfen und Verfolgen von Rechtsverstößen im Netz

Prävention und Meldeverfahren auf verschiedenen Wegen ergänzen sich: So kooperiert die BLM seit Juni 2024 auch mit der Meldestelle „REspect! Gegen Hetze im Netz“, um gegen jugendgefährdende und entwicklungsbeeinträchtigende Formen von Hass im Netz vorzugehen. BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege sieht das als wichtige Ergänzung zum gemeinsamen Vorgehen mit der bayerischen Justiz gegen unzulässige strafrechtlich relevante Inhalte. „Jedes Hass-Posting ist problematisch, auch wenn es nicht strafrechtlich relevant ist. Das gilt vor allem für Heranwachsende. Wenn sich Ausgrenzungstendenzen und Gewaltbereitschaft verstärken, wird die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen gefährdet. Werte wie Empathie, Respekt und Toleranz sind für mich nicht verhandelbar. Deshalb ist es uns wichtig, auch hier aktiv zu werden.“

Bild Maria Monninger
Maria Monninger ist Referentin im Bereich Inhalteregulierung und Aufsicht der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien. Dort ist sie in der Gruppe Jugend und Nutzerschutz u.a. für die Themen Hassrede und Extreminsmusprävention
zuständig.
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