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Das Magazin der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien

Social Media als Infoquelle für Erst- und Jungwählende
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Social Media als Infoquelle für Erst- und Jungwählende

Auch wenn die Wissenschaft nach wie vor kontrovers diskutiert, welchen Einfluss die Medien auf das konkrete Wahlverhalten haben, steht für die politischen Akteure außer Frage: Wer keinen medialen Wahlkampf organisieren kann, ist praktisch chancenlos. Welche Medien bei Wahlen besonders relevant als Informationsquellen sind, hat die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) in einer Studie untersuchen lassen.

Text Christiane Meiser und Regina Deck

Klar ist: Wählerinnen und Wähler informieren sich in den Medien über Themen, Parteien, Kandidaten und Kandidatinnen. Doch wo und wie tun sie das? Das Meinungsforschungsinstitut pollytix strategic research hat dazu unmittelbar vor der Landtagswahl in Bayern 2023 im Rahmen einer Online-Befragung mehr als 1.000 Wahlberechtigte gefragt (vgl. Infobox).

Journalistische Informationsquellen dominieren das Informations­repertoire

Von Wahlplakaten einmal abgesehen, denen in den Wochen vor der Wahl kaum jemand entgehen kann, nehmen die Wahlberechtigten Informationen zur Landtagswahl am häufigsten in den etablierten Medien wahr. Die crossmedialen Angebote von TV- und Radiosendern, gefolgt von Print, führen die Rangreihe der „passiven“, also der nicht intentional genutzten, Informationsquellen, an (vgl. Abb.). Das sind gute Nachrichten für den Journalismus, mehr noch: Journalistisch-redaktionelle Quellen dominieren auch das „aktive“ Informationsverhalten: Über drei Viertel (77 %) der Wahlberechtigten haben sich bewusst über mindestens ein Angebot eines etablierten Mediananbieters zur bayerischen Landtagswahl informiert. Ob Informationen zur Landtagswahl häufiger im Fernsehen oder in Sozialen Medien wahrgenommen werden, ist stark abhängig vom Alter. Die 18- bis 24-jährigen Erst- und Jungwählenden kommen vor allem in Sozialen Medien mit Infos in Kontakt – das Wahlplakat außen vorgelassen.

TV oder Social Media? Eine Frage des Alters und der Parteipräferenz

Jeweils etwa ein Fünftel derer, die Soziale Medien nutzen, folgt auch Nachrichtenseiten, die über die Landtagswahl berichten, bzw. Politikern und Politikerinnen sowie Parteien, die zur Landtagswahl antreten. Ein knappes Zehntel folgt außerdem Influencern, die sich zur Landtagswahl äußern. In beiden Gruppen spielt die Parteipräferenz eine wichtige Rolle: Befragte mit Wahlabsicht AfD sind überproportional stark vertreten, wenn es darum geht, aktiv Social-Media-Kanälen mit Informationen zur Landtagswahl zu folgen. Die besondere Aktivität der AfD und ihrer Anhängerschaft auf Social Media zeigt sich auch im Kontext der Landtagswahl. Größere mediale Aufmerksamkeit bekam sie allerdings erst in Bezug auf die Europawahl 2024.

Social Media wird als Informationsquelle allerdings auch kritisch bewertet, denn die Kehrseite von Social Media ist vielen bewusst: So sieht zum Beispiel über ein Drittel (36 %) der Nutzenden die Gefahr, durch gezielt ausgespielte Wahlwerbung einseitig informiert zu werden. Noch mehr sind in Sorge, dass das Wahlergebnis durch bewusst gestreute Falschinformation beeinflusst wird (46 %). Und mehr als die Hälfte beklagt zu viel Hass und Hetze in den Sozialen Medien (54 %).

Mangelndes Vertrauen in Medien und Demokratie besonders bei AfD-Affinen

Anlass zur Sorge gibt vor allem der wachsende Zynismus gegenüber den etablierten Medien: Jeweils gut ein Drittel (36 %) stimmt den Aussagen zu, dass die Medien und die Politik die Meinung der Bevölkerung manipulieren, bzw. dass die Bevölkerung von den Medien systematisch belogen wird (vgl. Abb. rechts). Vor allem Wahlberechtigte mit der Parteipräferenz AfD stimmen diesen beiden Aussagen zu (73 % bzw. 70 %).
Das mangelnde Vertrauen in die Medien geht dabei Hand in Hand mit einem geringen Vertrauen in unser demokratisches System. Auch in diesem Punkt zeigt sich ein klarer Zusammenhang mit der Parteipräferenz: Unter den AfD-Affinen stimmen nur 15 Prozent der Aussage zu, dass das demokratische System in Deutschland gut funktioniert. Bei allen wahlberechtigten Befragten liegt der Wert mit durchschnittlich 50 Prozent deutlich höher.

Medienwissen und digitale Nachrichtenkompetenz stärken Vertrauen

Damit reihen sich die Ergebnisse aus Bayern in viele andere Forschungsarbeiten ein, die auf den zunehmenden Vertrauensverlust in die etablierten Medien und eine gewisse Demokratieskepsis hinweisen (vgl. Titelthema S. 4-11). Doch wie kann wieder mehr Medien- und Demokratievertrauen aufgebaut werden?

Aus unterschiedlichen Studien ist bekannt, dass Medienwissen im Allgemeinen und digitale Nachrichtenkompetenz im Speziellen das Medien- und Demokratievertrauen stärkt. Außerdem muss die Medienregulierung weiterhin ihren Beitrag dazu leisten, Werbung transparent zu kennzeichnen und gegen Falschinformation, Hass und Hetze vorzugehen. Ziel sollte es sein, dass zuverlässige Informationen die Bürgerinnen und Bürger auf allen Kanälen chancengleich erreichen.

Bild Christiane Meiser
Dr. Christiane Meiser ist Fachreferentin in der Gruppe Medienwirtschaft im Bereich Technik, Medienwirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien.
Bild Regina Deck
Regina Deck ist Gruppenleiterin im Bereich Technik, Medienwirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit.
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