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Positionen & Reden

Positionspapier „Leitlinien Digitale Ethik“

11.04.2019 | P&R 2019

Im Sinne einer am Menschen orientierten Digitalisierung hat der Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) in seiner Sitzung am 11.04.2019 sieben Leitlinien für eine Digitale Ethik verabschiedet.

Der BLM ist es ein Anliegen, sich nicht nur intensiv mit politischen, wirtschaftlichen und strukturellen Folgen der Digitalisierung zu befassen, sondern sich auch und gerade mit ihren ethischen Fragestellungen auseinanderzusetzen und die gesellschaftspolitische Debatte zum Thema zu befördern. Daher hat sich der Medienrat damit beschäftigt, auf welchen Ebenen gesellschaftliche Regeln für den Umgang mit neuen Technologien verankert werden können. Denn technisches Wissen allein reicht im Umgang mit Medien für ein verantwortungsbewusstes Handeln in der digitalen Gesellschaft nicht aus. Vielmehr braucht es Orientierung und ein stabiles Wertegerüst.

Mit den „Leitlinien Digitale Ethik“ will der BLM-Medienrat Impulse für die wichtige Diskussion über die Folgen der Technisierung der Medien setzen:

1. Digitalisierung ist Gegenwart und Zukunft. Sie muss auf den nicht verhandelbaren Grundwerten unserer Gesellschaft aufbauen: Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte. Voraussetzung dafür ist die Transparenz digitaler Prozesse gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern. Ziel muss sein, das Potenzial der neuen Technologien zu nutzen und international mitzuhalten, sich aber gleichzeitig möglicher Problematiken bewusst zu sein und rechtzeitig gegenzusteuern.

2. Moderne Regulierung ist notwendig. Wir brauchen einen zukunftsweisenden Rechtsrahmen, bei dem nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Werte eine Rolle spielen sollten. Dabei darf zukunftsweisende Regulierung den Fortschritt nicht hemmen, sollte aber faire Wettbewerbsbedingungen schaffen und Monopolen gegensteuern. Im Sinne der Vielfaltssicherung darf es keine Ungleichbehandlung kleinerer Angebote geben – etwa in Bezug auf die Zugangsoffenheit und Chancengleichheit auf Plattformen.

3. Entscheidungssouveränität fördern. Jeder Mensch schätzt Chancen und Risiken der Digitalisierung, abhängig von seiner Kultur, Sozialisierung oder Bildung, unterschiedlich ein. In Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung ist der Einzelne gefordert – auf Basis der geltenden Gesetze und gesellschaftlichen Werte – individuell für sich zu klären, welche Grenzen er beispielsweise im Umgang mit Social Media, Online-Shopping oder persönlichen Daten einhalten will, um entsprechende Entscheidungen treffen zu können. Aufgabe der Medienpädagogik ist es, den Nutzerinnen und Nutzern die Kompetenz an die Hand zu geben, solche Prozesse zu erkennen, eigene Entscheidungen zu reflektieren und sich daraus folgender Konsequenzen bewusst zu sein.

4. Qualitätsjournalismus fördern. Dank der Möglichkeiten in der digitalen Welt können heute alle Menschen Sender sein. Jeder Einzelne muss daher lernen, mit dieser neuen Macht verantwortungsvoll umzugehen. Die Grundlagen dazu werden bereits sehr früh gelegt – zum Beispiel durch Projekte im Medienführerschein Bayern. Ideale des guten Journalismus sollten zu einem Element der Allgemeinbildung werden. Doch auch der Wert des Qualitätsjournalismus an sich steigt angesichts von Hate Speech und Fake News wieder. Gründliche Recherche, Gegenüberstellen von Meinung und Gegenmeinung oder die Trennung von Nachricht und Kommentar sind wichtiger denn je. Themen wie Photoshop, Mobile Reporting oder Social-Media-Kampagnen-Marketing kommen neu dazu. Der digitale Wandel muss daher nicht zuletzt auch die mediale Ausbildung verändern – die Weiterentwicklung der bayerischen Aus- und Fortbildungskanäle (AFK) zur MEDIASCHOOL BAYERN ist dafür nur ein Beispiel.

5. Forschung initiieren. Im Sinne einer positiven Medienordnung 4.0 geht es vor allem darum, Gefahren für die Medienvielfalt frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Deshalb initiiert die Landeszentrale zahlreiche Forschungsprojekte. Denn nur auf Basis einer empirisch gestützten und differenzierten wissenschaftlichen Grundlage ist eine Debatte über die Herausforderungen der Digitalisierung – beispielsweise zur Rolle von Intermediären in Meinungsbildungsprozessen – sinnvoll. Relevante Forschung im Bereich der Digitalisierung zu beauftragen ist aber nur möglich, wenn unsere Universitäten bei neuen Schlüsseltechnologien wie Künstlicher Intelligenz eine herausragende Rolle spielen und mit exzellenten Wissenschaftlern ausgestattet sind.

6. Künstliche Intelligenz für Mensch und Gesellschaft nutzen. Mit vergleichsweise geringem Aufwand und wenigen Mitteln lassen sich heute Machine-Learning-Anwendungen entwickeln und einsetzen. Aber nicht jede Verwendung einer neuen Technologie – etwa Social Scoring– ist auch gesellschaftlich erwünscht. Möglicherweise ist es sogar nicht zuletzt die Angst vor Kontrollverlust angesichts intelligenter digitaler Lösungen, die unsere westliche Gesellschaft zunehmend verunsichert und Populisten mit einfachen Botschaften erstarken lässt. Fakt ist: Wie fast jede Technologie kann man auch Künstliche Intelligenz für gute und für weniger gute Zwecke nutzen. Die Entscheidung über ihren Einsatz nehmen uns die Maschinen dabei nicht ab. Antrieb der KI-Forschung sollte deshalb neben der ökonomischen immer auch die menschlich-empathische Perspektive sein. Mehr Interdisziplinarität in der Forschung wäre hier ein Ansatz.

7. Dialog – lokal und global – führen. Wie wollen wir soziale Beziehungen und unsere Arbeitswelt in der digitalen Welt künftig gestalten? Was entscheidet der Mensch, was die Maschine? Welche Tonlage der Kommunikation im Netz ist gesellschaftlich erwünscht und akzeptiert? Ist das Private grundsätzlich auch öffentlich? Wie damit umgehen, dass das Lokale immer auch global ist? Haben alle Menschen die Möglichkeit der Teilhabe an der digitalen Welt? Die Mitglieder des Medienrats der BLM werden Fragen wie diese auch weiterhin stellen und eine positive Debattenkultur dazu pflegen.


Informationen zu allen Ergebnissen aus der Medienrats-Sitzung vom 11.04.2019 finden Sie hier.